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"unendlich" -> "unbekannt"?

Mathematische Fragestellungen
Pippen
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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von Pippen » 22. Jan 2014, 10:19

tomS hat geschrieben:

In der Philosophie der Mathematik halten es viele mit dem Platonismus, d.h. sie gehen davon aus, dass ein mathematisches Objekt unabhängig von seiner Entdeckung, seinem Beweis o.ä. existiert.
Das sind dann aber pure Spekulationen (und damit noch Wissenschaft?), während der Konstruktivist seine Theorien beweisen kann. Merke: Glaube ohne Beweis ist wertlos.

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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von Pippen » 22. Jan 2014, 10:34

tomS hat geschrieben:Nehmen wir folgendes Beispiel: Die Riemannsche Vermutung besagt, dass alle nicht-trivialen Nullstellen der Riemannschen ζ-Funktion bei Re(z) = 1/2 liegen (es gibt sicher unendlich viele Nullstellen; es gibt sogar sicher unendlich viele Nullstellen, für die die Vermutung gilt; aber es könnte trotzdem weitere Nullstellen geben, für die sie nicht gilt). Nun unterscheiden wir zwei Fälle:
A) die Riemannsche Vermutung ist wahr (im folgenden uninteressant)
B) die Riemannsche Vermutung ist falsch; d.h. es gibt ein minimales n (das die Nullstellen nach wachsenden Beträgen nummeriert) so dass für die n-te Nullstellen gilt Re(z[down]n[/down]) ≠ 1/2.
Der Konstruktivist kann über den Fall (B) heute wenig sagen, denn dieses (angenommene) Gegenbeispiel wurde noch nicht gefunden; für ihn ist die Riemannsche Vermutung weder wahr noch falsch (sondern unbewiesen). Der Platonist besteht unabhängig von der Existenz des Gegenbeispiels darauf, dass die Riemannsche Vermutung entweder wahr oder falsch ist, obwohl wir noch nicht wissen, was tatsächlich zutrifft.
Nehmen wir nun an, eines Tages wird eine nicht-triviale Nullstellen gefunden, für die Re(z[down]n[/down]) ≠ 1/2 gilt; es gälte also (B) und die Riemannsche Vermutung wäre falsch. Der Platoniker würde darauf bestehen, dass es diese Zahl z[down]n[/down] unabhängig von unserer Kenntnis und der Existenz des Beweises schon immer gab, und dass (B) schon immer wahr gewesen ist. D.h. er würde das Finden des Beweises als "Entdecken eines bereits ewig existierenden z[down]n[/down]" interpretieren. Der Konstruktivist würde dagegen nicht von einer Entdeckung sondern von einer Konstruktion sprechen.
Interessant ist eher, was passiert, wenn A oder B offenbleiben. Woher weiss der Platoniker, dass A oder B gilt, wenn es unendlich viele Möglichkeiten gibt und er daher - selbst als Gott - niemals für alle Nullstellen A oder B prüfen könnte? (Anmerkung: Ich habe keine Ahnung, was das ist mit der R. Vermutung und den Nullstellen^^). Wenn du unendlich viele Fälle hast, dann bringt dir auch das Prinzip der Zweiwertigkeit, wonach jeder Fall entweder wahr oder falsch ist, nichts, denn es wird dann immer einen Fall geben (jeder Fall +1), der noch nicht wahr oder falsch ist (womit er es in dieser "math. Sekunde" allerdings würde).

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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von seeker » 22. Jan 2014, 10:38

Nachtrag:
Falls sich mein Eindruck so bestätigt, dann muss ich wohl sagen, dass unsere derzeitige Mathematik in ihren Grundfesten (wie die Naturwissenschaften) nur eine empirische Wissenschaft ist, die damit auch dem Induktionsproblem unterliegt!

Grüße
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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von tomS » 22. Jan 2014, 11:25

Pippen hat geschrieben:Das sind dann aber pure Spekulationen (und damit noch Wissenschaft?), während der Konstruktivist seine Theorien beweisen kann. Merke: Glaube ohne Beweis ist wertlos.
Ganz sicher nicht!

Man setzt ein Axiomensystem oder Postulate voraus, und beweist innerhalb dieses Systems Theoreme. D.h. egal in welcher Wissenschaft, Theorie o.ä. man sich bewegt, man hat immer ein nicht-beweisbares Fundament. Auch ein Konstruktivist kann nur prinzipiell bzw. theoretisch seine Theorie beweisen, nie vollumfänglich praktisch. Auch für einen Konstruktivisten gilt Gödels Unvollständigkeitssatz, demzufolge nicht beweisbare Sätze existieren (für die wir explizite Beispiele kennen).

seeker hat geschrieben:… dass unsere derzeitige Mathematik in ihren Grundfesten (wie die Naturwissenschaften) nur eine empirische Wissenschaft ist, die damit auch dem Induktionsproblem unterliegt!
Jein.

Die Mathematik ist sicher keine empirische Wissenschaft, denn ihre Methode beruht nicht rein auf Beobachtung. Man könnte zwar Sätze durch Beobachtung falsifizieren, jedoch nie durch Beobachtung verifizieren. Natürlich ist der Satz „Wurzel 2 ist nicht rational“ für einen Konstruktivisten wahr, obwohl er dazu keine Beobachtung anstellen kann.

Die Grundfesten der Mathematik sind auch sicher nicht die Naturwissenschaften.

Aber wahr ist, dass die Mathematik das Induktionsproblem hat. Sie hat auch noch viele andere „Probleme“, nämlich alle prinzipiell nicht beweisbaren Postulate, Glaubenssätze und Axiome.

Man muss vorsichtig sein, dass man die Reichhaltigkeit der Mathematik nicht zugunsten der Beweisbarkeit opfert. Z.B. kann man beweisen, dass die Boolsche Logik widerspruchsfrei ist. Und man kann beweisen, dass für die Arithmetik der natürlichen Zahlen kein derartiger Beweis existiert (Gödels Unvollständigkeitssatz). Soll man daraus nun ableiten, dass sich die Mathematik nur mit einem eng gefassten Aufgabenbereich wie der Boolschen Logik beschäftigen darf?
Gruß
Tom

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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von tomS » 22. Jan 2014, 12:10

Pippen hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:Nehmen wir folgendes Beispiel: Die Riemannsche Vermutung besagt, dass alle nicht-trivialen Nullstellen der Riemannschen ζ-Funktion bei Re(z) = 1/2 liegen (es gibt sicher unendlich viele Nullstellen; es gibt sogar sicher unendlich viele Nullstellen, für die die Vermutung gilt; aber es könnte trotzdem weitere Nullstellen geben, für die sie nicht gilt). Nun unterscheiden wir zwei Fälle:
A) die Riemannsche Vermutung ist wahr (im folgenden uninteressant)
B) die Riemannsche Vermutung ist falsch; d.h. es gibt ein minimales n (das die Nullstellen nach wachsenden Beträgen nummeriert) so dass für die n-te Nullstellen gilt Re(z[down]n[/down]) ≠ 1/2.
Interessant ist eher, was passiert, wenn A oder B offenbleiben. Woher weiss der Platoniker, dass A oder B gilt, wenn es unendlich viele Möglichkeiten gibt und er daher ... niemals für alle Nullstellen A oder B prüfen könnte? ... Wenn du unendlich viele Fälle hast, dann bringt dir auch das Prinzip der Zweiwertigkeit, wonach jeder Fall entweder wahr oder falsch ist, nichts, denn es wird dann immer einen Fall geben (jeder Fall +1), der noch nicht wahr oder falsch ist.
Der Platoniker muss das nicht explizit prüfen.

Nehmen wir die (leider wieder unendliche) Menge an Aussagen "Re(z[down]n[/down]) = 1/2.

Der Platoniker behauptet, dass eine unendliche Menge R = {1,1,...} existiert, die an der n-ten Stelle entweder eine Eins oder eine Null stehen hat, wobei dies dem Fall "wahr für n" bzw. "falsch für n" existiert.
Der Intuitionist behauptet, dass eine endliche Menge R[down]bewiesen[/down] = {1,1,...} existiert, wobei sicher überall Einsen stehen (denn für die bekannten Nullstellen wurde der Satz bewiesen); und dass eine Erweiterung dieser Menge konstruierbar ist, d.h. dass dem R[down]bewiesen[/down] potentiell unendlich viele Aussagen bzw. Ergebnisse von Ausagen hinzugefügt werden können, wobei die Ergebnisse aus der Menge {1,0,unbekannt} stammen.

Der Platoniker glaubt, dass er Recht hat.

Der Intutionist glaubt auch dass er (der Intuitionist) Recht hat. Er kann aber nicht beweisen, dass der Platoniker sich irrt, denn:
- für einen neuen, bewiesenen Fall stimmen beide überein, d.h. das Ergebnis stammt aus {1,0}
- für einen noch unbewiesenen Fall ist es eben unbewiesen
D.h. der Intuitionist kann nicht beweisen, dass für einen unbewiesenen Fall "unbekannt" gelten muss. In dem Moment, wo er einen Beweis vorlegt, ist das Ergebnis aus {1,0}.

Insofern wissen weder der Platoniker noch der Intuitionist, dass sie Recht haben, sondern beide glauben es nur. Sie haben zwar eine sich gegenseitig widersprechende Glaubensauffassung, aber daraus resultieren keine im Rahmen von Theoremen beweisbaren Widersprüche. Der Intuitionist kann evtl. weniger beweisen als der Platoniker, da er ein weniger mächtiges Axiomensystem verwendet, aber das, was er beweisen kann, stimmt sicher mit den Beweisen des Platonikers überein (es sei denn, sie verwenden ein zugrundeliegendes und bereits in sich widersprüchliches Axiomensysteme, was aber auch innerhalb der konstruktivistischen Schule alleine möglich wäre und was wir hier nicht betrachten wollen)

Am Beispiel des Zermalo-Fraenkel Axiomensystem ZF (das der Intuitionist auch verwendet) sowie des Auswahlaxioms C (das der Intuitionist ablehnt). Es ist bewiesen, dass sowohl C als auch nicht-C (kurz: ¬C) mit ZF verträglich sind, d.h. dass wenn ZF widerspruchsfrei ist, dann sind sowohl ZFC als auch ZF¬C widerspruchsfrei. Der Intuitionist kann also nie beweisen, dass ein Beweis des Platonikers in ZFC falsch ist, es sei denn, er wäre bereits in ZF falsch. Er darf auch nicht ZF¬C verwenden, denn er muss als Intutionist ¬C und C gleichermaßen ablehnen. D.h. seine intutionistische Haltung führt zwar zu einem geringeren Umfang an für ihn beweisbaren Sätzen, aber nicht zu beweisbaren Widersprüchen zum Platoniker.

Der Platoniker kann übrigens gut mit der Tatsache leben, dass es im Rahmen eines bestimmten Axiomensystems explizit unbeweisbare bzw. unabhängige Sätze und Axiome Sätze gibt. Aber das (z.B. am Beispiel der Kontinuumshypothese) führt uns ggf. zu weit weg von der urspünglichen Frage, denn dafür sind die Positionen des Platonikers und des Intuitionisten ja nicht unterscheidbar. Wir sollten also beim Beispiel der Riemannschen Vermutung bleiben.
Gruß
Tom

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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von Skeltek » 22. Jan 2014, 12:41

Eine Menge aus Einsen ist auch eher keine Menge aus gleichen Objekten(die 1 als Zahl existiert nur einmal), sondern es geht glaube eher um die Interpretation der Verknüpfung/Operation die man auf der Menge betrachtet. Eine Zahl für sich alleine hat keinerlei Bedeutung bis auf ihren zugeordneten Wert.

Zu "unendlich":
Man muss wissen "was will ich sagen?" und danach die richtigen Worte auswählen die die entsprechende Bedeutung haben. Mit "unendlich" wird es durchaus so gehandhabt.
Wenn man etwas anderes sagen will, sollte man natürlich ein anderes Wort verwenden und nicht ersteres uminterpretieren.
Zuletzt geändert von Skeltek am 22. Jan 2014, 23:31, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von tomS » 22. Jan 2014, 15:37

Skeltek hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:Natürlich ist der Satz „Wurzel 2 ist nicht rational“ für einen Konstruktivisten wahr, obwohl er dazu keine Beobachtung anstellen kann.
Das ist Quatsch.
Willst du damit sagen, dass Brouwer den Beweis ablehnt(e)??
Gruß
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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von Skeltek » 22. Jan 2014, 23:30

tomS hat geschrieben:
Skeltek hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:Natürlich ist der Satz „Wurzel 2 ist nicht rational“ für einen Konstruktivisten wahr, obwohl er dazu keine Beobachtung anstellen kann.
Das ist Quatsch.
Willst du damit sagen, dass Brouwer den Beweis ablehnt(e)??
Sorry, hatte das "nicht" überlesen, werd mein Post ändern falls das noch geht.
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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von tomS » 22. Jan 2014, 23:34

Du kannst deinen Post ändern; ich lösche dann die darauffolgenden Posts, die dann ja sinnlos werden
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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von seeker » 23. Jan 2014, 01:47

tomS hat geschrieben:
seeker hat geschrieben::… dass unsere derzeitige Mathematik in ihren Grundfesten (wie die Naturwissenschaften) nur eine empirische Wissenschaft ist, die damit auch dem Induktionsproblem unterliegt!
Jein.

Die Mathematik ist sicher keine empirische Wissenschaft, denn ihre Methode beruht nicht rein auf Beobachtung.
Jein.
Ganz so sicher ist das nicht, jedenfalls nicht in gewisser Hinsicht:

Zunächst kann man auch behaupten, dass unsere menschliche Logik an sich auf Erfahrung beruht, sich also aus erlernten und damit empirisch gewonnenen Erkenntnissen/Erfahrungswerten speist, die zwar anschließend (auf genetisch/biologisch vorgegebene Weise) abstrahiert verwendet werden, was aber nichts an ihrer empirischen Quelle ändert:
"Immer wenn ich zu einem Apfel/Ding einen weiteren Apfel/Ding hinzugetan habe, habe ich bisher zwei Äpfel/Dinge erhalten. Daraus schlussfolgere ich induktiv auf ein allgemeines Gesetz: 1+1 = 2!"
... aber so weit will ich selbst auch gar nicht gehen, denn wenn man das tut, dann kann man evtl. bald fast gar nichts mehr sagen. Ich wollte es hier nur erwähnt und bedacht haben.

Was ich meinte war:
seeker hat geschrieben:Beim Finden eines mathematischen Beweises kann ich sagen, dass dieser sicher konstruiert wurde (im Sinne von: "es wurde getan"; da wird mir auch kein Platoniker widersprechen).
Ob darüber hinaus auch eine Entdeckung einer ewigen Wahrheit "ohne uns" stattgefunden hat (wie die Platoniker behaupten) ist für mich prinzipiell unentscheidbar (auch da kann mir wohl keiner widersprechen).
Daraus schlussfolgere ich, dass es unzulässig ist die Frage nach "Entdeckung" oder "Nicht-Entdeckung" überhaupt zu stellen, da sie sinnlos ist.
Daher finde ich mich dann bei den Konstruktivisten wieder, obwohl ich nicht behaupte, dass keine Entdeckung stattgefunden hätte (ich behaupte aber auch nicht das Gegenteil).

Wenn diese Schlussfolgerungen unangreifbar wären, wie könnte man dann dem Platonismus konsistent folgen?
Ignoriert man hier einfach? Sagt man: "Ja, das ist so, aber die platonische Haltung ist ja soo nützlich und bis jetzt ging's ja gut! Also folgen wir weiter dieser Richtung!"
Ist das alles, was man vorbringen kann?
Wenn das alles wäre, was man vorbringen kann, dann würde gelten:
seeker hat geschrieben:...dann muss ich wohl sagen, dass unsere derzeitige Mathematik in ihren Grundfesten (wie die Naturwissenschaften) nur eine empirische Wissenschaft ist, die damit auch dem Induktionsproblem unterliegt!

... denn "bis jetzt ging es gut" im Sinne von "unser platonisch geprägtes Vorgehen hat sich vorläufig nicht als falsch erwiesen" ist m. E. schon eine deutlich empirische Haltung.

Außerdem befürchte ich, dass der Platoniker mit Ockhams Sparsamkeitsgebot in Konflikt steht, da er mehr Entitäten annehmen muss als der Konstruktivist.
Unbewiesene Grundannahmen/Axiome brauchen beide um Mathematik betreiben zu können, nur kommt der Konstruktivist mit weniger aus - und die, die er braucht entziehen sich nicht seinem gedanklichen Fassungsvermögen bzw. seinem Erfahrungsvermögen als Mensch, sind also sozusagen gesicherter.

Ich meine, ich habe ja nichts dagegen die platonische Haltung einzunehmen und diese Richtung zu verfolgen. Man soll es tun, so lange es funktioniert und so lange konstruktivistische Ansätze nicht ausreichen um zum gewünschten Ziel zu gelangen. Nur soll man sich auch stets bewusst sein, auf welchem Boden man dann steht. Und da sehe ich ein Problem, denn die Mathematik ist ja keine isolierte Insel mit einer hohen Mauer drum herum.
Nein, was dort wie getan wird wirkt sich auch auf die Arbeitsweise, Denkweise und Haltung auch der Naturwissenschaften und auch der Gesellschaft ganz allgemein aus - nur dass die diese Feinheiten "des Bodens, auf dem er steht" im Gegensatz zum Mathematiker viel eher übersehen und daher die Gefahr bestehen könnte, dass DIE dann in die Irre gehen.

Man sieht es doch hier: Der Mathematiker erfindet die Unendlichkeit (als nützliches Axiom/Konzept), und schon vermutet der Physiker, nun mit diesem Begriff versorgt, dass das Universum wirklich unendlich sein könnte und der Ottonormalverbraucher nimmt das Ganze dann wenig reflektiert ganz ernst und sieht die Unendlichkeit des Universums als praktisch wissenschaftlich erwiesen an und intergriert das in sein Weltbild, was wiederum Folgen für sein Handeln hat, usw.

An diesem Punkt täte also Aufklärung gut - aber das tut sie ja immer... :wink:

Grüße
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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von Skeltek » 23. Jan 2014, 02:42

seeker hat geschrieben: Man sieht es doch hier: Der Mathematiker erfindet die Unendlichkeit (als nützliches Axiom/Konzept), und schon vermutet der Physiker, nun mit diesem Begriff versorgt, dass das Universum wirklich unendlich sein könnte und der Ottonormalverbraucher nimmt das Ganze dann wenig reflektiert ganz ernst und sieht die Unendlichkeit des Universums als praktisch wissenschaftlich erwiesen an und intergriert das in sein Weltbild, was wiederum Folgen für sein Handeln hat, usw.
Das habe ich bereits vor langer Zeit gesagt; Entfernung in der Raumzeit ist ein 4 dimensionaler Vektor. Eine Strecke kann durchaus in einer Richtung endlich oder Null sein und in entgegengesetzter Richtung unendlich lang.
Von einer tatsächlichen jetzt unendlichen Ausdehnung zu sprechen ergibt beim Universum gar keinen Sinn, wenn die einzige Raumzeit-Wegstrecke die wir begehen können in Richtung Zukunft zeigt und nicht rein räumlich ist.
Eine unendliche Entfernung kann "im" Universum gar nicht realisiert sein, selbst wenn das Universum unendlich ausgedehnt wäre.

Keiner kann Wände sehen, wenn es physikalisch unmöglich ist nach links und rechts zu gucken!
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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von tomS » 23. Jan 2014, 09:46

Skeltek hat geschrieben:
seeker hat geschrieben: Man sieht es doch hier: Der Mathematiker erfindet die Unendlichkeit (als nützliches Axiom/Konzept), und schon vermutet der Physiker, nun mit diesem Begriff versorgt, dass das Universum wirklich unendlich sein könnte und der Ottonormalverbraucher nimmt das Ganze dann wenig reflektiert ganz ernst und sieht die Unendlichkeit des Universums als praktisch wissenschaftlich erwiesen an und intergriert das in sein Weltbild, was wiederum Folgen für sein Handeln hat, usw.
Von einer tatsächlichen jetzt unendlichen Ausdehnung zu sprechen ergibt beim Universum gar keinen Sinn, wenn die einzige Raumzeit-Wegstrecke die wir begehen können in Richtung Zukunft zeigt und nicht rein räumlich ist.
Wollen wir jetzt über fundamentale Probleme der Mathematik reden, oder über irreführende Verwendung in der Physik?
Gruß
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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von seeker » 23. Jan 2014, 10:27

Kleinere Ausblicke über den Tellerrand sollten erlaubt sein...
Aber zurück zur Mathematik:

Tom, du hast erwähnt, dass:
tomS hat geschrieben:Der Platoniker kann übrigens gut mit der Tatsache leben, dass es im Rahmen eines bestimmten Axiomensystems explizit unbeweisbare bzw. unabhängige Sätze und Axiome Sätze gibt.
Magst du das erläutern? Warum ist das nicht schlimm?

Grüße
seeker
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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von tomS » 23. Jan 2014, 10:38

seeker hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:
seeker hat geschrieben::… dass unsere derzeitige Mathematik in ihren Grundfesten (wie die Naturwissenschaften) nur eine empirische Wissenschaft ist, die damit auch dem Induktionsproblem unterliegt!
Jein.

Die Mathematik ist sicher keine empirische Wissenschaft, denn ihre Methode beruht nicht rein auf Beobachtung.
Jein.
Ganz so sicher ist das nicht, jedenfalls nicht in gewisser Hinsicht:

Zunächst kann man auch behaupten, dass unsere menschliche Logik an sich auf Erfahrung beruht, …
Ich behaupte hier mal ganz frech, dass ein Großteil der modernen Mathematik (Axiome, auch Logik, insbs. Definitionen und Entitäten, …) sich gänzlich der menschlichen Erfahrung entzieht, insbs. die hier zu diskutierenden Themen. Das gilt sowohl für Grenzbereiche (Unendlichkeiten, … Kontinuumshypothese, Auswahlaxiom) als auch bereits für die Arithmetik Gödels Sätze).
seeker hat geschrieben: Ignoriert man hier einfach? Sagt man: "Ja, das ist so, aber die platonische Haltung ist ja soo nützlich und bis jetzt ging's ja gut! Also folgen wir weiter dieser Richtung!
... denn "bis jetzt ging es gut" im Sinne von "unser platonisch geprägtes Vorgehen hat sich vorläufig nicht als falsch erwiesen" ist m. E. schon eine deutlich empirische Haltung.
Es gibt keine empirische Haltung.

Man stellt Axiome auf, definiert mathematische Strukturen und beweist Sätze. Fertig. Die Denkrichtungen unterscheiden sich lediglich in den Axiomen und Definitionen, die sie zulassen, nicht in der eigtl. Methode, die sie dann zur Anwendung bringen. Weder die platonische noch die intuitionistische Denkrichtung ist richtig oder falsch. Liefert das Axiomensystem einen Widerspruch, so ist es inkonsistent und muss verworfen werden, unabhängig von der Methode, die zur Anwendung gebracht wird.

Die einzige Empirie liegt in der Wahrnehmung der Korrektheit von Beweisen. Da unterscheiden sich die Denkrichtungen auch nicht.

Ein Künstler entscheidet sich, nur schwarz-weiß zu malen, der andere benutzt auch Farbe, der dritte gestaltet dreidimensionale Plastiken. Wer hat Recht?
seeker hat geschrieben:Außerdem befürchte ich, dass der Platoniker mit Ockhams Sparsamkeitsgebot in Konflikt steht, da er mehr Entitäten annehmen muss als der Konstruktivist.
Unbewiesene Grundannahmen/Axiome brauchen beide um Mathematik betreiben zu können, nur kommt der Konstruktivist mit weniger aus - und die, die er braucht entziehen sich nicht seinem gedanklichen Fassungsvermögen bzw. seinem Erfahrungsvermögen als Mensch, sind also sozusagen gesicherter.
Das Ockhamsche Prinzip kann nicht auf die reine Mathematik angewandt werden (siehe das Beispiel mit den Künstlern).

Der Platonist muss auch nicht mehr Entitäten annehmen oder auf ein erweitertes Axiomensystem zurückgreifen. Es ist seine freie Entscheidung, das zu tun oder zu lassen, und es ist seine freie Entscheidung, wie er mathematischen Entitäten eine Ontologie zuschreibt. Das hat im Kern nichts mit Mathematik zu tun, sondern ist Metamathematik.

Und natürlich entziehen sich die Grundannahmen und Axiome in gleicher Weise dem Fassungsvermögen des Platonisten wie dem des Konstruktivisten (das hat aber eher was mit der mathematischen Intelligenz der beiden zu tun; der eine versteht’s halt, der andere nicht). Der Intuitionist besteht auf einer engeren Sicht der mathematischen Entitäten. Deswegen versteht er die Schlussfolgerungen aus dem Auswahlaxiom genauso gut oder schlecht wie ein Platonist; er kann und wird das rein formal alles nachvollziehen können, er lehnt jedoch diese Denkrichtung ab.

Der Intuitionist kann jedoch ganz grundsätzlich die platonistische Denkrichtung nicht als falsch bezeichnen, denn wahr und falsch müssen im Kontext eines Axiomensystems betrachtet werden. Und er entscheidet sich einfach für ein anderes Axiomensystem, d.h. die Begriffe sind nicht mehr deckungsgleich (siehe das Beispiel mit den Künstlern).
seeker hat geschrieben:Ich meine, ich habe ja nichts dagegen die platonische Haltung einzunehmen und diese Richtung zu verfolgen. Man soll es tun, so lange es funktioniert und so lange konstruktivistische Ansätze nicht ausreichen um zum gewünschten Ziel zu gelangen.
Was soll denn bitteschön nicht funktionieren?

Und was ist denn das Ziel? Der Platonist hat das Ziel, die Schlussfolgerungen eines mathematischen Systems auszuloten. Der Intuitionist ebenfalls, nur entscheidet er sich eben für ein beschränkteres System (der eine geht im Badeweiher schwimmen, der andere Tiefseetauchen)

seeker hat geschrieben:… die Mathematik ist ja keine isolierte Insel
Doch ist sie. Ohne jeden Bezug zur Realität. Dieser Bezug wird nicht durch die Mathematik selbst hergestellt, sondern durch die Theorien, die sie anwenden (angewandte Mathematik, Informatik, Physik, …)
seeker hat geschrieben:… was dort wie getan wird wirkt sich auch auf die Arbeitsweise, Denkweise und Haltung auch der Naturwissenschaften und auch der Gesellschaft ganz allgemein aus …
Vielleicht. Aber es ist nicht Aufgabe der Mathematik, sich um die Anwendung und Auswirkungen zu kümmern.
seeker hat geschrieben: Der Mathematiker erfindet die Unendlichkeit (als nützliches Axiom/Konzept), und schon vermutet der Physiker, nun mit diesem Begriff versorgt, dass das Universum wirklich unendlich sein könnte und der Ottonormalverbraucher nimmt das Ganze dann wenig reflektiert ganz ernst und sieht die Unendlichkeit des Universums als praktisch wissenschaftlich erwiesen an und intergriert das in sein Weltbild, was wiederum Folgen für sein Handeln hat, usw.
Aber es ist nicht Aufgabe der Mathematik, sich um irreführende oder falsche Interpretationen zu kümmern.

Wenn ein Künstler ein hässliches Bild malt, ist nicht der Farbenhersteller schuld; und nicht mal der Künstler, sondern der Betrachter.

anthropos metron panton?
Gruß
Tom

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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von tomS » 23. Jan 2014, 11:10

seeker hat geschrieben:... du hast erwähnt, dass:
tomS hat geschrieben:Der Platoniker kann übrigens gut mit der Tatsache leben, dass es im Rahmen eines bestimmten Axiomensystems explizit unbeweisbare bzw. unabhängige Sätze und Axiome Sätze gibt.
Warum ist das nicht schlimm?
Weil der Platoniker es als Eigenschaft des Axiomensystems akzeptiert.

Nehmen wir die Kontinuumshypothese K im Axiomensystem ZFC (bereits das C ist einem Intuitionisten ein Dorn im Auge, d.h. dieser muss noch viel eher damit rechnen, dass unbeweisbare Aussagen existieren, da er weniger Werkzeuge für den Beweis zur Verfügung hat).

Der Platoniker definiert eine mathematische Struktur, ein System (Axiome der Logik, Axiome aus ZFC mit Mengen etc., Definition von Kardinalzahlen nach Cantor, Definition der natürlichen Zahlen, Definition der reellen Zahlen z.B. als Dedekindsche Schnitte). In dem Moment, wo er die Definitionen durchgeführt hat, existieren für ihn sämtliche Schlussfolgerungen und Sätze, Eigenschaften, Beziehungen etc. innerhalb dieses Systems, unabhängig davon, ob er sie nun selbst durchgeführt hat oder nicht. D.h. er ordnet diesem System, dieser Struktur als Ganzem mit allen ihren Eigenschaften, eine von ihm unabhängige, außerzeitliche Existenzweise zu. Dann versucht er, die Eigenschaften des Systems zu verstehen, d.h. konkret, Sätze zu beweisen; er erforscht das System und seine Struktur.

Kurz zur Kontinuumshypothese: Hier geht es um eine Beziehung zwischen verschiedenen Konstruktionen verschiedener Stufen von Unendlichkeiten. Zum einen gibt es eine formale Folge von Unendlichkeiten gemäß Cantor. Zum gibt es die Definition von natürlichen sowie reellen Zahlen und ihren Mächtigkeiten, ebenfalls verschiedene Stufen von Unendlichkeiten. Die Kontinuumshypothese vermutet nun, dass es zwischen diesen beiden völlig unterschiedlichen Definitionen der Stufen von Unendlichkeiten einen Zusammenhang gibt; konkret, dass die zweite Unendlichkeit in der formalen Folge von Cantor der Unendlichkeit der reellen Zahlen entspricht. Der Beweis von Gödel und Cohen besagt, dass dies im Rahmen von ZFC weder bewiesen noch widerlegt werden kann.

Der Platoniker folgert daraus, dass sein so definiertes System eine bestimmte Eigenschaft nicht enthält, dass nämlich weder der Satz

ZFC → K

noch der Satz

ZFC → ¬K

existiert. Diese nicht-Existenz ist eine Eigenschaft des Systems.

Ist der Weg von Nürnberg in die Unterwelt von Wagners Niebelungen steil oder nicht? Die Antwort lautet, es gibt diesen Weg nicht.
Gruß
Tom

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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von seeker » 23. Jan 2014, 12:16

tomS hat geschrieben:Ich behaupte hier mal ganz frech, dass ein Großteil der modernen Mathematik (Axiome, auch Logik, insbs. Definitionen und Entitäten, …) sich gänzlich der menschlichen Erfahrung entzieht, insbs. die hier zu diskutierenden Themen. Das gilt sowohl für Grenzbereiche (Unendlichkeiten, … Kontinuumshypothese, Auswahlaxiom) als auch bereits für die Arithmetik Gödels Sätze).
Ja, aber das spielt keine Rolle, weil das alles auf Dingen wurzelt, die der menschlichen Erfahrung zugänglich sind. Nimmst du diese Wurzeln weg, so verschwindet auch alles andere. Bevor du Mathematik betreiben kannst, musst du als Mensch zuerst mal das Denken lernen. Das tust du aber zwangsläufig durch Erfahrung. Daher beruht letztlich alles menschliche Denken auf (abstrahierten) Erfahrungswerten.
tomS hat geschrieben:Ein Künstler entscheidet sich, nur schwarz-weiß zu malen, der andere benutzt auch Farbe, der dritte gestaltet dreidimensionale Plastiken. Wer hat Recht?
tomS hat geschrieben:Das Ockhamsche Prinzip kann nicht auf die reine Mathematik angewandt werden (siehe das Beispiel mit den Künstlern).
So lange das alles nicht zur Anwendung kommt, als reine Kunst, gibt es kein Recht/Unrecht, da stimme ich zu. Die Mathematik kommt aber zur Anwendung... und dann kann das anders aussehen.
tomS hat geschrieben:Der Intuitionist kann jedoch ganz grundsätzlich die platonistische Denkrichtung nicht als falsch bezeichnen, denn wahr und falsch müssen im Kontext eines Axiomensystems betrachtet werden. Und er entscheidet sich einfach für ein anderes Axiomensystem, d.h. die Begriffe sind nicht mehr deckungsgleich (siehe das Beispiel mit den Künstlern).
Ja. Nur muss es ihm gar nicht um wahr oder falsch gehen. Es kann ihm auch nur um bekannt/unbekannt gehen... und er lehnt dann einfach das für ihn unnötige Unbekannte als unsichere zusätzliche Annahme ab.
tomS hat geschrieben:Was soll denn bitteschön nicht funktionieren?
Es funktioniert ja bisher. Wenn etwas nicht funktionieren sollte, würde sich das in den Anwendungen zeigen.
Das Ziel definiert natürlich der jeweilige Mathematiker. Er muss entscheiden, was er will.
P.S.: Wenn du das genannte konstrukt. Hauptargument nicht entkräften kannst, ihm aber dennoch nicht folgst, dann gehst du ein zusätzliches Risiko ein Fehl zu gehen.
Das lässt sich m.E. nicht leugnen und hat auch nichts mit 'künstlerischem Geschmack' zu tun.
… die Mathematik ist ja keine isolierte Insel
tomS hat geschrieben:Doch ist sie. Ohne jeden Bezug zur Realität. Dieser Bezug wird nicht durch die Mathematik selbst hergestellt, sondern durch die Theorien, die sie anwenden (angewandte Mathematik, Informatik, Physik, …)
Sie ist eingebettet in das von dir erwähnte und mehr. Du musst natürlich so argumentieren, da du ja a priori von einer existierenden Mathematik ohne uns ausgehst.
Du darfst nur nicht vergessen, dass das eine a priori-Annahme IST.
tomS hat geschrieben:...es ist nicht Aufgabe der Mathematik, sich um die Anwendung und Auswirkungen zu kümmern.
tomS hat geschrieben:Aber es ist nicht Aufgabe der Mathematik, sich um irreführende oder falsche Interpretationen zu kümmern.
Richtig, für die reine Mathematik nicht. Aber irgend jemand muss sich darum kümmern. Fragt sich: Wer, wenn nicht die, die es verstehen?
Außerdem ist jeder Mathematiker auch Mensch und somit nicht völlig isoliert von der Welt.
Man kann auch dem Künstler sagen, dass es in seiner Verantwortung liegt, dass die Normalbevölkerung seine Kunstwerke nicht falsch versteht.
tomS hat geschrieben:anthropos metron panton?
Ja!

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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von tomS » 23. Jan 2014, 15:03

seeker hat geschrieben:Daher beruht letztlich alles menschliche Denken auf (abstrahierten) Erfahrungswerten.
Meinetwegen, aber ich sehe nicht, wo uns das jetzt hinführt
seeker hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:Ein Künstler entscheidet sich, nur schwarz-weiß zu malen, der andere benutzt auch Farbe, der dritte gestaltet dreidimensionale Plastiken. Wer hat Recht?

...

Das Ockhamsche Prinzip kann nicht auf die reine Mathematik angewandt werden (siehe das Beispiel mit den Künstlern).
So lange das alles nicht zur Anwendung kommt, als reine Kunst, gibt es kein Recht/Unrecht, da stimme ich zu. Die Mathematik kommt aber zur Anwendung... und dann kann das anders aussehen.
Ja, aber dann es ist es nicht mehr Mathematik, sondern angewandte Mathematik, Physik, Informatik o.ä. Für angewandte Mathematik spielt das, was wir hier diskutieren, keine Rolle.
seeker hat geschrieben:Ja. Nur muss es ihm gar nicht um wahr oder falsch gehen. Es kann ihm auch nur um bekannt/unbekannt gehen... und er lehnt dann einfach das für ihn unnötige Unbekannte als unsichere zusätzliche Annahme ab.
Ja. Kann er gerne tun. Aber die Konsequenz ist nicht, dass er Recht und der andere Unrecht hätte. Die Konsequenz ist auch nicht, dass er bessere oder reinere Mathematik betreibt. Er bewegt sich in einem anderen Kontext.
seeker hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:Was soll denn bitteschön nicht funktionieren?
Wenn etwas nicht funktionieren sollte …
Wenn du das genannte konstrukt. Hauptargument nicht entkräften kannst, …
Nochmal: was soll den nicht funktionieren? was wäre denn ein konkretes Beispiel? was ist das konstruktivistische Hauptargument?

seeker hat geschrieben:
seeker hat geschrieben: … die Mathematik ist ja keine isolierte Insel

...

Doch ist sie. Ohne jeden Bezug zur Realität. Dieser Bezug wird nicht durch die Mathematik selbst hergestellt, sondern durch die Theorien, die sie anwenden (angewandte Mathematik, Informatik, Physik, …)
Sie ist eingebettet in das von dir erwähnte und mehr. Du musst natürlich so argumentieren, da du ja a priori von einer existierenden Mathematik ohne uns ausgehst.
Mathematik ist im Kern purer Formalismus und Logik. Ob dieser Formalismus bereits eingebettet IST oder ob du dich dafür entscheidest, das so zu interpretieren, hat nichts mit der Mathematik zu tun.
seeker hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:...es ist nicht Aufgabe der Mathematik, sich um die Anwendung und Auswirkungen zu kümmern.



Aber es ist nicht Aufgabe der Mathematik, sich um irreführende oder falsche Interpretationen zu kümmern.
Richtig, für die reine Mathematik nicht. Aber irgend jemand muss sich darum kümmern. Fragt sich: Wer, wenn nicht die, die es verstehen?
Oh klar, natürlich können sich Mathematiker darum kümmern; tun sie ja auch; Russel, Hilbert, Brouwer, Goedel, …
Aber sie betreiben dann nicht Mathematik, sondern Metamathematik, Philosophie u.ä. Und ansonsten müssen sich eben die Gedanken machen, die die Mathematik anwenden und interpretieren. Aber nochmal: man kann etwas so oder anders oder ganz anders oder vielleicht auch blödsinnig interpretieren, aber dadurch wird doch eine Rechnung oder ein Satz nicht falsch.

Nimm an du gibst einem Mathematiker ZFC, und er schlussfolgert daraus ZFC → K. Das ist halt falsch, und zwar beweisbar falsch, er hat halt einen Fehler gemacht. Nimm an du gibst einem Mathematiker XYZ, und er schlussfolgert daraus XYZ → K. Dann mag das in XYZ richtig sein (wenn er keinen Fehler gemacht hat). Und jetzt? Wo ist das Problem? Es gibt keines, nicht innerhalb der Mathematik.

seeker hat geschrieben:Man kann auch dem Künstler sagen, dass es in seiner Verantwortung liegt, dass die Normalbevölkerung seine Kunstwerke nicht falsch versteht.
Kann man ihm sagen, ist aber Auffassungssache. Und die Beurteilung ist Geschmacksache.

Nehmen wir die obige Fragestellung, ob das Universum unendlich ist. Die Frage ist unklar gestellt, daher gibt es keine eindeutige Antwort (wer hat Schuld, wenn heute in einer Reportage auf PRO 7 diese Frage gestellt wird? Georg Cantor?) Nehmen wir stattdessen die Fragestellung, ob es möglich ist, im Kontext der ART ein kosmologisches Modell zu konstruieren, innerhalb dessen unendliche raumartige Abstände mathematisch zulässig sind. Die Frage ist präzise gestellt, und die Antwort ist „ja“. Nehmen wir die Fragestellung, ob diese unendlichen raumartigen Abstände physikalisch messbar sind. Die Frage ist wieder präzise gestellt, und die Antwort ist „nein“. Wer kümmert sich um diese Fragestellungen, ihre präzise Formulierung und ihre Antworten? Die Physiker.

PS.: lies‘ dir mal folgenden Artikel durch und sag mir, was du davon hältst:
http://de.wikipedia.org/wiki/Banach-Tarski-Paradoxon
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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von tomS » 23. Jan 2014, 15:04

Ich finde die Diskussion übrigens interessant, aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir im Kern nicht über Mathematik reden, sondern über ihre Interpretation.
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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von seeker » 23. Jan 2014, 15:38

Ich stimme zu.
So lange es um die reine Mathematik, isoliert von allem anderen geht, bin ich bei dir: Da kannst du tun und lassen was du willst. Du kannst die Dinge freier oder enger sehen.
Das liegt alles in der Freiheit des Künstlers. Im Grunde müsste dein Werk nicht einmal der Logik folgen, könnte also inkonsistent sein - nur herrscht da dann die gesellschaftliche Übereinkunft, dass du es dann nicht mehr "Mathematik" nennen darfst. (Hier zeigt sich allerdings wohl, dass schon der Begriff "Mathematik" eine gesellschaftlich-kulturelle Konvention ist und daher nicht ganz isoliert gesehen werden kann.)

Nur: WENN du anstrebst, dass dein Werk für irgendwelche Anwendungen taugen soll, DANN sieht es unter Umständen anders aus!
Wir müssen das auseinanderhalten - und ja, es geht auch um Metamathematik und Interpretationen.

Den Artikel lese ich gerne durch, komme aber erst heute Abend dazu. Ich melde mich dann.

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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von tomS » 23. Jan 2014, 16:15

seeker hat geschrieben:WENN du anstrebst, dass dein Werk für irgendwelche Anwendungen taugen soll, DANN sieht es unter Umständen anders aus!
Klar.

Aber dann liegt es doch in der Verantwortung des Anwenders, sich den geeigneten mathematischen Werkzeugkasten zusammenzusuchen.

Nehmen wir den Physiker: er führt Experimente durch, und er beschreibt die Natur mittels Mathematik, d.h. er entwickelt Theorien. Dazu wählt er mathematsiche Werkzeuge aus. Er fordert, dass diese konsistent und in sich widerspruchsfrei sind (das ist die Verantwortung des Mathematikers). Dann prüft er, ob seine Theorien auf Basis der Mathematik mit der Natur übereinstimmen = ob sie überprüfbare und in diesem Sinne "richtige" Vorhersagen liefern, ob sie einen geeigneten Gültigkeitsbereich haben, er zieht Ockhams Rasiermesser zu Rate usw.; das alles ist aber nicht mehr die Verantwortung des Mathematikers (wenn letzterer gefragt wird, mit welchen Methoden man ein bestimmtes Problem lösen kann, dann wird er evtl. auf einen bestimmten Bereich der Mathematik verweisen, wie ein Berater, aber er wird - genauso wie ein Berater - die Verantwortung dafür ablehnen, ob die Mathematik dann wirklich "passt").

Im Falle der ART hat ein Mathematiker (Minkowski) Einstein Ideen zur Verwendung der heute sogenannten Minkowski-Geometrie sowie weitere Werkzeuge geliefert. Dass dies nun tatsächlich funktioniert hat (ART 1915), hat Minkowski leider schon nicht mehr erlebt (gestorben 1909).
Gruß
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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von Skeltek » 23. Jan 2014, 16:47

tomS hat geschrieben:
Skeltek hat geschrieben:
seeker hat geschrieben: Man sieht es doch hier: Der Mathematiker erfindet die Unendlichkeit (als nützliches Axiom/Konzept), und schon vermutet der Physiker, nun mit diesem Begriff versorgt, dass das Universum wirklich unendlich sein könnte und der Ottonormalverbraucher nimmt das Ganze dann wenig reflektiert ganz ernst und sieht die Unendlichkeit des Universums als praktisch wissenschaftlich erwiesen an und intergriert das in sein Weltbild, was wiederum Folgen für sein Handeln hat, usw.
Von einer tatsächlichen jetzt unendlichen Ausdehnung zu sprechen ergibt beim Universum gar keinen Sinn, wenn die einzige Raumzeit-Wegstrecke die wir begehen können in Richtung Zukunft zeigt und nicht rein räumlich ist.
Wollen wir jetzt über fundamentale Probleme der Mathematik reden, oder über irreführende Verwendung in der Physik?
Es geht mehr darum, daß es weder in der Realität noch Mathematik sinnvoll ist es als abstrahiert als "Wert" oder "Größe" aufzufassen.
Mathematik ist eine Sprache die logische Zusammenhänge lediglich aufschreibt. Diese logischen Zusammenhänge sind jedoch auf Realität und Empirik aufgebaut.
Selbst das Größenverhältniss von Fläche und Punkt sich als unendlich vorzustellen ist sinnfrei, da die Interpretation was ein Punkt ist und dieser ein infinitesimal kleines Volumen besäße auf deiner Subjektivität beruht.
Glaube eine der letzten so benutzten Übersetzungen des Wortes "unendlich" ins englische an die ich mich erinnern kann war "Neverending Story"; was mich ziemlich erstaunt, daß gerade ein Romanschreiber das Wort richtiger verwendet als die meisten Mathematiker.
Gödel für Dummies:
  • Unentscheidbarkeit - Dieser Satz ist wahr.
  • Unvollständig - Aussage A: Es existiert nur ein Element A.
  • Widersprüchlich - Dieser Satz ist falsch.

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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von tomS » 23. Jan 2014, 20:27

Skeltek hat geschrieben:Es geht mehr darum, daß es weder in der Realität noch Mathematik sinnvoll ist es als abstrahiert als "Wert" oder "Größe" aufzufassen.
Verstehe ich nicht. Man kann wieder den Begriff des potentiell Unendlichen ins Spiel bringen. Ein unendliches Universum (jetzt zeitlich gesehen) wäre dann eines, in dem zeitartige Geodäten nicht enden, d.h. in dem es für jeden beliebigen Zeitpunkt (jede beliebige Eigenzeit) eines Beobachters eine späteren Zeitpunkt gibt. Das ist doch sinnvoll.
Gruß
Tom

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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von Skeltek » 24. Jan 2014, 00:02

Ich sage ja nur, daß es nicht sinnvoll ist der Unendlichkeit einer unendlichen Menge oder ihr "größtes Element" als aktual unendlichen Wert/Volumen zu bezeichnen.
Wenn du mehrere unendliche Mengen "fertig" nebeneinander stehen hast, und eine Funktion definierst, die aus jeder dieser Mengen genau ein Element heraus pickt ist es so, als würdest du
Bei einem Volumen einen Punkt heraus picken.
Die Anzahl der möglichen Zuodnungen des Volumens zu seinen Punkten ist überabzählbar; die Funktion einen ganz bestimmten Punkt auszuwählen ist nicht existent.
Erst wenn man die Menge auf die Menge der mit einem bestimmten Satz an möglichen Operationen konstruierbaren Koordinaten einschränkt, kann man erst eine abzählbare Liste an Auswahlfunktionen definieren, die auch wirklich nur diese Punkte abgreift.

Die Konstruktion eines Körpers über einer Menge durch Verknüpfungen ist nicht eine Erweiterung sondern eine Einschränkung der möglichen Relationen auf bestimmte wenige die nun mit diesen Verknüpfungen/Operationen erreicht werden können.
Ich meine ja nur, daß eine aktual unendliche Menge in keinerlei interpretierbarem Kontext steht, wenn man die überabzählbar vielen Zusammenhänge, Relationen und Interpretationen wie diese zusammenhängen könnten nicht durch eine Verknüpfung oder einen festgelegten Zusammenhang einschränkt.
Sobald man das macht hat bewegt man sich aber auf der Konstruierbaren Schiene, die nicht die aktual unendliche Menge sondern einen Teil ihres Inhaltes repräsentiert.

Wenn man z.B. R sagt, meint man dann R oder seinen Inhalt?
Selbst Volumen ist ohne eine betrachtete Verknüpfung durch die Normen oder Skalarprodukte erst möglich werden völlig bedeutungslos.
Volumen ist keine Menge an Punkten sondern wird erst durch die Durchsetzung mit einer Struktur aufgespannt.
Deshalb denke ich ist es analog bei einer Unendlichen Menge auch nicht sinnvoll sie als fertige Gesammtheit ihrer Elemente zu betrachten. Erst die durch die Konstruktionsvorschrift festgelegte z.B. Orndungrelation der Menge spannt diese auf.

Zusammengefasst:
Unendlich viele Punkte machen noch lange kein Volumen!
Analog:
Unendlich viele Elemente machen noch lange keinen Körper!
Gödel für Dummies:
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  • Unvollständig - Aussage A: Es existiert nur ein Element A.
  • Widersprüchlich - Dieser Satz ist falsch.

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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von seeker » 24. Jan 2014, 01:37

tomS hat geschrieben:PS.: lies‘ dir mal folgenden Artikel durch und sag mir, was du davon hältst:
http://de.wikipedia.org/wiki/Banach-Tarski-Paradoxon
Ach ja! Ich wusste doch, dass mir der Name bekannt vorkam...
Ja, genau solche Dinge bereiten mir Sorgen! Es ist m.E. überhaupt nicht klar, ob solches für die Physik in irgendeiner Form relevant sein darf oder nicht - und ich denke ernsthaft darüber nach, ob das nicht evtl. schon bei den reellen Zahlen angefangen hat.
Es könnte ja auch sein, dass die reellen Zahlen unphysikalisch sind... wir hätten es nur bis heute noch nicht gemerkt! Woher soll es der Physiker auch im Voraus wissen?
Wird er nicht oft genug einfach das übernehmen, was in der Mathematik gebräuchlich ist, was ihm der Mathematiker als Werkzeuge anbietet bzw. anpreist?
Umgekehrt: Woher soll denn der Mathematiker wissen, was für den Physiker "physikalisch" ist? Er wird die Werkzeuge präsentieren, die in seiner mathematischen Welt als gut befunden wurden und die er aus seiner Sicht heraus für brauchbar hält.
Evtl. hat sich an dieser Schnittstelle ein Fehler eingeschlichen, der uns heute in die falsche Richtung führt. Wer weiß das schon?

Ich muss auch noch etwas zurückrudern:
Ich habe gesagt, dass ich bei dir bin, so lange reine Mathematik betrieben wird.
Ich muss dazu einschränkend sagen, dass dazu eine Voraussetzung gelten muss: Es muss uns dazu auch möglich sein reine Mathematik zu betreiben!

Ist es das? Wie wir schon gesehen haben, müssen wir mit der Einschränkung leben, dass wir nicht 100%ig wissen können, ob unsere Logik an sich überhaupt logisch IST, da ja letztlich alles menschliche Denken auf abstrahierten Erfahrungswerten beruht. Das trifft aber den Platoniker wie auch den Konstruktivisten wie auch alle anderen gleichermaßen.

Die unter diesem Gesichtspunkt 'relativ reine Mathematik' unterliegt einer weiteren Einschränkung: Wir wissen nämlich auch nicht, ob unsere Mathematik auch ohne uns logisch ist.
Dies trifft nun wohl aber nur den Platoniker...

Aber ja, so lange sich keine Widersprüche ergeben und man "nur" Mathematik betreibt ist ja alles in Ordnung. Da muss ich zustimmen.
Wenn man darüber hinaus die Mathematik noch besser absichern will, dann kann man sich schon Gedanken machen... was aber im Grundlagenstreit der Mathematik ja schon getan wurde.

Mich interessieren tatsächlich mehr die Auswirkungen auf die Physik:
Ist eine konstruktive Mathematik für den Physiker nicht besser abgesichert, in dem Sinne, dass er sich bei ihrer Anwendung auf die Natur weniger Sorgen machen muss evtl. ein ungeeignetes Werzeug zu verwenden, das zunächst vielleicht wunderbar aussieht, das ihn aber irgendwann dann doch in die Irre führt? Mir scheint es immer noch so.

Grüße
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Re: "unendlich" -> "unbekannt"?

Beitrag von tomS » 24. Jan 2014, 07:14

Skeltek hat geschrieben:Ich sage ja nur, daß es nicht sinnvoll ist der Unendlichkeit einer unendlichen Menge als aktual unendlichen Wert/Volumen zu bezeichnen

...

Unendlich viele Punkte machen noch lange kein Volumen!
Da hast du sicher recht, man benötigt den Begriff des Maßes. Beispiel, was geschieht, wenn man mit überabzählbaren, nicht-messbaren Mengen arbeitet, ist wieder das Banach-Tarski-Paradoxon. Aber auch hier liegt das Problem nicht in der Mathematik (es wird nichts inkonsistent oder falsch) sondern in der Anwendung oder Interpretation.
Gruß
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