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Von Maßen und Mächtigkeiten

Mathematische Fragestellungen
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Von Maßen und Mächtigkeiten

Beitrag von tomS » 11. Mai 2013, 09:52

Da das Thema in anderen Threads immer wieder gestreift wird, möchte ich hier mal eine kurze Gegenüberstellung von Maßen und Mächtigkeiten vornehmen.

Letztere sind ein elementarer Begriff aus der Mengenlehre. Die Idee der Mächtigkeit beruht auf der Idee der Bijektion zwischen zwei Mengen M und N. Falls eine derartige Bijektion existiert, haben beide Mengen die selbe Mächtigkeit |M| = |N|.

Dies führt bei unendlichen Mengen zu teilw. wenig intuitiven Ergebnissen. Z.B. sind die Intervalle ]0,1[ und ]0,L[ mittels der Funktion f(x) = Lx bijektiv aufeinander abbildbar und haben daher gleiche Mächtigkeit, obwohl ihre Länge =1 bzw. =L und damit unterschiedlich ist. Ein weiteres Bespiel ist die Bijektion zwischen der Einheitsstrecke und dem Einheitsquadrat. Dazu ordnet man einfach die Nachkommastellen in der Dezimaldarstellung der Zahlen x und y als Koordinaten des Einheitsquadrates abwechselnd wie bei einem Reißverschluss zu den Nachkommastellen einer neuen Zahl z an. Ein letztes Beispiel ist die Cantormenge, deren "Länge" bzw. Maß Null ist, während ihre Mächtigkeit der der Einheitsstrecke entspricht.

Cantor hat die Idee der konstruierbaren Mächtigkeiten mittels der Potenzmenge erweitert und allgemeine Kardinalzahlen eingeführt. Ob diese mit Mächtigkeiten übereinstimmen ist Gegenstand der Kontinuumshypothese, die in der Standardmengelehre weder beweisbar noch widerlegbar ist. Demnach kann die folgende Frage nicht beantwortet werden: existiert eine Menge, deren Mächtigkeit echt kleiner als die der reellen Zahlen ist, aber zugleich echt größer als die der natürlichen Zahlen?

Im Gegensatz zu den Mächtigkeiten erfordert die Definition von Längen die Konstruktion eines sogenannten Maßes, d.h. einer Verallgemeinerung des Integralberiffs. Dies ist nicht für alle Mengen möglich, während Mächtigkeiten immer definiert werden können. Das Maß ist dabei sensitiv für die Dimension einer Menge, d.h. Strecken und Flächen sind zwar beide messbar, haben jedoch eine unterschiedliche Dimension und daher unterschiedliches, nicht vergleichbares Maß.

Maße kann man auch für Mengen definieren, deren Dimension fraktal ist, wobei das Maß dann für die einbettende Dimension konstruiert wird. Z.B. ist das Maß der Cantormenge berechnet mittels des Maßbegriffs auf den reellen Zahlen gleich Null.

Es gibt auch Mengen, für die explizit kein Maß definiert werden kann. Dies ermöglicht z.B. die Zerlegung einer Menge mit Maß M in endlich viele, nicht-messbare Teilmengen, und das anschließende Zusammensetzen dieser Teilmengen zu einer neuen messbaren Menge mit größerem Maß (Banach-Tarski-Paradox). Die dabei betrachteten Mengen haben jedoch immer eine definierte Mächtigkeit.

Zusammenfassend: Länge bzw. allgemein Maße erfordern eine teilw. sehr komplizierte Definition, die jedoch im Normalfall mit unserer Anschauung übereinstimmt. Maße differenzieren Mengen sehr fein, während Mächtigkeiten sehr viele Mengen mit unterschiedlichem Maß oder auch ohne Maßbegriff unterschiedslos in einen Topf werfen.

Wichtig: beide Konzepte dürfen nicht miteinander verwechselt werden!
Gruß
Tom

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Re: Von Maßen und Mächtigkeiten

Beitrag von seeker » 12. Mai 2013, 11:11

Danke für diese schöne Einführung in die Begrifflichkeiten.

Grüße
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Re: Von Maßen und Mächtigkeiten

Beitrag von seeker » 13. Mai 2013, 10:55

Ich möchte noch etwas am Rande hinzufügen, damit besser verstanden werden kann, was Mathematik überhaupt ist, bzw. wie sie arbeitet:
Permanenzprinzip
Das Permanenzprinzip ist ein Begriff aus der Didaktik der Zahlbereichserweiterungen. Es besagt, dass beim Aufbau einer komplexen mathematischen Theorie die mathematischen Strukturen der zugrundeliegenden Theorie so weit wie möglich erhalten bleiben sollen.

Dieses Arbeitsprinzip wurde von Hermann Hankel 1867 für den axiomatischen Aufbau mathematischer Theorien aufgestellt. Das Permanenzprinzip ist eine Ausfaltung des wissenschaftlichen Sparsamkeitsprinzips, das auch unter dem Namen „Ockhams Rasiermesser“ bekannt ist und auf die Formel „einfach ist am besten“ gebracht werden kann.[1]
...

Anwendung bei der axiomatischen Definition des Zahlensystems
Typisches Beispiel für die Anwendung des Permanenzprinzips ist die axiomatische Definition des Zahlensystems. Dabei geht man von einem einfachen Zahlenraum - z. B. den natürlichen Zahlen - aus und konstruiert auf dieser Grundlage einen komplexeren Zahlenraum. Die Motivation für den Aufbau einer komplexeren Theorie ist dabei der Versuch, dass alle Rechenregeln möglichst universell gelten sollen.

So werden die ganzen Zahlen als Äquivalenzklassen von Paaren natürlicher Zahlen definiert, und man kann die bisherigen natürlichen Zahlen in kanonischer Weise in die ganzen Zahlen einbetten: ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Permanenzprinzip

Weiter unten auf der Seite, bei "Anwendung bei der Division durch Null" finden sich aufschlussreiche Worte:
Es sieht nun zunächst so aus, als ob nur noch die Division durch Null „nicht möglich“ oder „verboten“ wäre. Daraus ergeben sich zwei mögliche Fragestellungen:

1. Ist die Null überhaupt eine Zahl, oder lässt sich der axiomatische Aufbau nicht auch ohne die Null bewerkstelligen?
2. Kann man den Zahlenraum sinnvoll erweitern, sodass schließlich auch die Division durch Null möglich ist?

Nachdem es „die Mathematik“ als unveränderliche Größe nicht gibt, sondern nur verschiedene mathematische Theorien, ist auch der Begriff der „Zahl“ in der Mathematik offen und erweiterbar. So kann man z. B. auf dem Raum der stetigen Funktionen von Rechenregeln definieren und sogar eine Ordnungsrelation. Diese Funktionen sind also auch so etwas ähnliches wie „Zahlen“. Umgekehrt kann man vorhandene Theorien auch einschränken und untersuchen, welche Gesetze in der eingeschränkten Theorie noch gelten. Ein Beispiel hierfür ist die intuitionistische Mathematik, die nicht nur eine Zahl, sondern ein logisches Gesetz ausschließt, das Gesetz vom ausgeschlossenen Dritten. Derartige Untersuchungen können äußerst fruchtbar sein und tiefe Einblicke in die Natur der zugrundegelegten Axiome geben. ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Permanenzp ... durch_Null
Zusammenfassung

Im axiomatischen Aufbau des Zahlensystems führt das Permanenzprinzip zu einfachen und eindeutigen Formulierungen und erleichtert insbesondere Lernenden den Einstieg in komplexe mathematische Strukturen. Jedoch sind nicht ausnahmslos intuitive Festlegungen möglich, zum Beispiel bei der Division durch Null. Hier gibt es keine widerspruchsfreien Erweiterungen.

Ein Verzicht auf die „Zahl“ 0 ist ebenfalls möglich, führt aber zu einer unnötigen und deutlich höheren Komplexität bei der Formulierung der mathematischen Gesetze.
http://de.wikipedia.org/wiki/Permanenzp ... menfassung

Dass nicht immer intuitive Festlegungen möglich sind, gilt natürlich auch für Unendlichkeiten.
Wie man sieht, ist auch in der Mathematik die Frage der Nützlichkeit bzw. des guten Funktionierens sehr wichtig.

Damit komme ich zu der eigentlich entscheidenden Frage:

Wozu ist es eigentlich gut, wenn man verschiedenen Unendlichkeiten unterschiedliche Mächtigkeiten zuordnen kann?
Wozu ist die Kontinuumshypothese gut?
Was kann man mit beidem anfangen?


Grüße
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Re: Von Maßen und Mächtigkeiten

Beitrag von tomS » 13. Mai 2013, 12:42

seeker hat geschrieben:Wozu ist es eigentlich gut, wenn man verschiedenen Unendlichkeiten unterschiedliche Mächtigkeiten zuordnen kann?
Wozu ist die Kontinuumshypothese gut?
Was kann man mit beidem anfangen?
Ich halte die Fragestellung für etwas irreführend.

Die Kontinuumshypothese ist zu gar nichts "gut". Cantor versuchte, mittels Bijektion den Begriff der Größe bzw. Mächtigkeit zu erweitern. Das führt auf die bekannten Mäcvhtiugkeiten von N, R, ... Cantor hat letztlich zwei Wege gefunden, Kardinalzahlen zu definieren, nämlich zum einen rein axiomatisch, zum anderen eben über diese Mächtigkeiten. Daraus resultiert die Frage, ob und wenn ja wie diese beiden Herangehensweisen verwandt sind. Sind axiomatisch definierbare Kardinalzahlen mit immer Mächtigkeiten gleichzusetzen? (ja, für |N|; was ist mit allen weiteren?) Die Frage ist also nicht, wozu das gut ist, sondern nur, welche Strukturen und Eigenschaften die von Cantor gefundenen Kardinalzahlen haben.
Gruß
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Re: Von Maßen und Mächtigkeiten

Beitrag von seeker » 13. Mai 2013, 13:35

Das sehe ich nicht so. Vielleicht hast du mich auch missverstanden. Jedenfalls hast du die Frage im anderen Thread ja auch schon z.T. beantwortet:
tomS hat geschrieben:Interessanterweise gibt es einige recht einfache, endliche (!) mathematische Strukturen, deren Eigenschaften nur mittels dieser großen Kardinalzahlen verstanden werden können. Ein Beispiel handelt von einer Folge von Zahlen, die anscheinend divergiert, die jedoch (nur mittels großer Kardinalzahlen) beweisbar in endlichen vielen Schritten gegen Null konvergiert.
Ich meine man kann in der Mathematik vieles untersuchen oder konstruieren. Damit so etwas aber auch getan wird, muss sich mindestens ein Mensch finden, der ein Thema so interessant findet, dass er dafür auch bereit ist Zeit und Energie aufzuwenden. D.h. völlig nutzlose, sinnlose oder belanglose Dinge wird keiner untersuchen oder konstruieren, jedenfalls nicht allzu lange.
Es muss also eine Beschränkung oder ein Problem vorliegen oder es muss sich ein "neues vielversprechendes weites, interessantes Land" auftun, damit überhaupt jemand anfängt zu agieren.
Es muss eine Motivation vorhanden sein. Diese Motivation kann das System "Mathematik" selbst nicht liefern. Sie muss von außerhalb kommen, aus uns heraus.
Die Antwort "Weil es getan werden konnte" greift dabei zu kurz.

Die Frage, was man womit anfangen kann kann ja auch nur innerhalb der Mathematik von Belang sein. Es können sich auch Anwendungen außerhalb ergeben, müssen aber nicht.

Deshalb ist die Frage "wozu ist das gut" auch als eine Frage nach der Motivation zu verstehen.

Was ist also so interessant bzw. wichtig an den Kardinalszahlen? Warum stand ein Hinweis darauf jahrelang in deiner Signatur?
Was erhofft man sich in diesem Feld? Was kann man da lernen oder hoffen?

Grüße
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Re: Von Maßen und Mächtigkeiten

Beitrag von tomS » 13. Mai 2013, 14:49

seeker hat geschrieben:Ich meine man kann in der Mathematik vieles untersuchen oder konstruieren. Damit so etwas aber auch getan wird, muss sich mindestens ein Mensch finden, der ein Thema so interessant findet, dass er dafür auch bereit ist Zeit und Energie aufzuwenden. D.h. völlig nutzlose, sinnlose oder belanglose Dinge wird keiner untersuchen oder konstruieren, jedenfalls nicht allzu lange.
Es muss also eine Beschränkung oder ein Problem vorliegen oder es muss sich ein "neues vielversprechendes weites, interessantes Land" auftun, damit überhaupt jemand anfängt zu agieren.
Es muss eine Motivation vorhanden sein. Diese Motivation kann das System "Mathematik" selbst nicht liefern. Sie muss von außerhalb kommen, aus uns heraus.
Die Antwort "Weil es getan werden konnte" greift dabei zu kurz.
Ein Mathematikmer tut dies, weil er es interessant findet, weil er das Gefühl hat, etwas Neues zu entdecken und dessen Strukturen kennenlernen möchte. Die Motivation ist einfach das Interesse an mathematischen Strukturen.
seeker hat geschrieben:Deshalb ist die Frage "wozu ist das gut" auch als eine Frage nach der Motivation zu verstehen.
Soweit man weiß ist das zu gar nichts gut, außer Neugierde zu befriedigen.
seeker hat geschrieben:Was ist also so interessant bzw. wichtig an den Kardinalszahlen? Warum stand ein Hinweis darauf jahrelang in deiner Signatur?
Was erhofft man sich in diesem Feld? Was kann man da lernen oder hoffen?
Nichts, außer dass man unendliche Mengen, Kardinalzahlen etc. besser versteht; wirklich, mehr ist da nicht! Es ist reine Mathematik, ziemlich sinnfrei
Gruß
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Re: Von Maßen und Mächtigkeiten

Beitrag von Skeltek » 14. Mai 2013, 00:12

positive hat geschrieben: Cantor konstruiert eben ein solches Element, seine Diagonalzahl...
Er konstruiert keine Zahl sondern einen Limes.
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Re: Von Maßen und Mächtigkeiten

Beitrag von tomS » 14. Mai 2013, 01:13

positive hat geschrieben:Das Auswahlaxiom verträgt sich aber nicht Cantor's Diagonalverfahren. Cantor konstruiert eben ein solches Element, seine Diagonalzahl...
Nein, das hat nichts miteinander zu tun. Cantor hat eine Liste = eine Menge, nicht unendlich viele. Die Ziffern der Zahlen in der Liste sollten nicht nur als Mengenelemente verstanden werden.

Das Auswahlaxiom C besagt auch nicht, dass eine Konstruktion der Auswahlmenge a nicht möglich ist. Es besagt jedoch, dass a auf jeden Fall existiert auch wenn a nicht konstruierbar ist.

Ein Beispiel:
Betrachten wir die Menge D aller endlich definierbaren Funktionen d(x). Das sollen grob alle Funktionen sein, die mit endlich vielen wohldefiniertes und bekannten Zahlen und Funktionen aufgeschrieben werden können. Die Menge D ist sicher abzählbar. Nun betrachten wir die Menge Y aller reellen Zahlen y, die durch Anwendung der Funktionen aus D erzeugt werden können (dabei dürfen wir für x in d(x) nicht alle reellen Zahlen einsetzen, sondern nur bereits 'bekannte' Zahlen, auf jeden Fall rationale Zahlen, e, pi, ...). Wir iterieren den Prozess und definieren Y', Y'', Y''', ... durch Anwendung von D auf Y, Y', Y'' ... Jede Menge in der Folge ist abzählbar. Und da die Folge ausgehend von Y abzählbar ist, bleibt sie das auch. Auf diese Weise können wir sozusagen alle definierbaren Zahlen y als Elemente der Folge Y, Y', Y'', Y''', ... definieren. Wir nennen diese Menge Z.
Nun betrachten wir die Menge R \ Z. Dies ist überabzählbar, und sie enthält keine einzige Zahl, die wir irgendwie benennen könnten, denn diese sind Elemente von Z und somit ausgeschlossen. Wir kennen also keine einzige Zahl aus R \ Z; und davon gibt es überbählbare unendlich viele. R \ Z kodiert sozusagen unsere Unwissenheit der Menge R!
Nun zerlegen wir die Menge Z in die Mengen Z(n,n+1), d.h. die Zahlen aus Z, die im Intervall ]n,n+1[ liegen. Diese Mengen definieren unsere unendliche Familie F von Mengen.
Nun sagt uns das Auswahlaxiom, dass es eine Menge a gibt, die aus jeder Menge Z(n,n+1) genau eine Zahl enthält. Aber wir kennen keine einzige dieser Zahlen aus Z, und damit kennen wir auch keine einzige Zahl aus a, d.h. wir können a nicht konstruieren, denn es sind nur Zahlen enthalten, die wir nicht konstruieren können Dennoch sichert das Auswahlaxiom zu, dass a existiert.
Gruß
Tom

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Re: Von Maßen und Mächtigkeiten

Beitrag von tomS » 14. Mai 2013, 07:15

Nun, die Menge Y erhält man ja durch Anwenden der Funktionen d(x) aus D; und D ist per Konstruktion abzählbar. Nun muss man die Funktionen d(x) mit Werten x aus einer Menge X füttern, um Y zu erzeugen. Und um dies explizit tun zu können, muss X ebenfalls wieder abzählbar sein, d.h. die Zahlen aus X müssen "bekannt", "benannt", "konstruierbar" o.ä. sein. Das funktioniert mit N, Q, sowie einigen explizit bekannten irrationalen Zahlen wie e, pi, ...

Also ja, du hast recht, Y ist abzählbar, D und X abzählbar sind.
Gruß
Tom

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Re: Von Maßen und Mächtigkeiten

Beitrag von tomS » 14. Mai 2013, 09:48

Es geht nicht um Mächtigkeiten bzw. Kardinalzahlen dazwischen. Es gibt genau zwei Mächtigkeiten, die wir hier diskutieren, nämlich
|N| = |Q| = |X| = |Y| = |Y'| = |Y''| = ...
|R| = |R \ Y| = |R \ Y'| = |R \ Y''| = ...

Ich hatte das Beispiel auch nicht wegen der Mächtigkeiten angeführt, sondern um zu zeigen, welche Folgerungen sich aus dem Auswahlaxiom ergeben: es sichert die Existenz von Mengen zu, deren Elemente sämtlich aus unendlichen und unbekannten Mengen ausgewählt werden, wobei auch die Auswahl selbst unbekannt und insbs. nicht explizit konstruierbar ist.
Gruß
Tom

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Re: Von Maßen und Mächtigkeiten

Beitrag von seeker » 14. Mai 2013, 09:51

tomS hat geschrieben:Nichts, außer dass man unendliche Mengen, Kardinalzahlen etc. besser versteht; wirklich, mehr ist da nicht! Es ist reine Mathematik, ziemlich sinnfrei
Sorry Thomas, aber das ist mir zu unreflektiert und zu idealistisch.
OK, dass bei der Erforschung eines Themas nicht immer gleich ihr Nutzen erkennbar sein muss ist klar. Das ist in anderen Wissenschaften manchmal genauso.

Aber wenn dem immer so wäre, dann wäre unsere Mathematik ja ein reines Zufallsprodukt, insbesondere wäre sie ein zusammenhangsloses Zufallsprodukt.
Es gibt offensichtlich unendlich viele Möglichkeiten, was man prinzipiell alles in der Mathematik tun könnte, aber nur eine endliche Anzahl von Möglichkeiten, was konkret getan werden kann.

Wenn du sagst, es wäre reines Interesse, dann kann man reflektieren, indem man fragt: Warum interessiert sich dieser Mensch gerade für dieses Thema (z.B. Cantor für das Zählen) und nicht für irgend ein anderes Thema?
Und weiter: Warum interessiert sich hernach ein großer Teil der Mathematiker für gerade diese Arbeit dieses Menschen, warum wird sie nicht ignoriert?
Wann wird eine Arbeit von der Gemeinschaft als wichtig bewertet, wann nicht?

Insofern kann man durch eine solche Reflektion auch einiges über den Menschen und die Art seines Denkens lernen, insofern ist unsere Mathematik ein Spiegel des Menschen.
Das fängt doch schon damit an, dass wir vieles so herunterbrechen müssen, dass wir es auch verstehen und lernen können. Viele Dinge in der Mathematik tragen der allzu begrenzten menschlichen Geisteskraft Rechnung.

Man kann also durch solche Reflektion z.B. lernen, dass die Idee des Unendlichen eine hohe Faszination auf uns Menschen ausübt. Warum?

Außerdem werden neue Erkenntnisse hernach von anderen in Ordnungssystemen eingebaut. Das ist absolut notwendig, damit überhaupt ein konsistentes und einigermaßen zusammenhängendes Konstrukt "Mathematik" entstehen kann.

Die Mehrzahl der Mathematiker werden sich auch mit konkreteren, realitätsnahen Fragestellungen beschäftigen: Mathematik wurde ursprünglich entwickelt, damit man gewisse Problemstellungen ausrechnen konnte. Das tut sie auch heute noch.
Es schwebt also doch nicht alles so ganz im luftleeren Raum, was in der Mathematik geschieht...

Man darf also fragen: Was wollte Cantor? Warum hat er sich augerechnet mit Mengen beschäftigt? Was hat er erreicht? Worin liegt der Wert seiner Arbeit?
Wie gesagt: Ein Wert wird seiner Arbeit beigemessen, denn sonst wäre sie nicht bekannt.

Hat er nicht die moderne Mengenlehre begründet, sie auf ein festeres Fundament gestellt? Das ist doch nicht sinnfrei.

Und letztendlich stellt sich eben die Frage:
Wie hat Cantors Arbeit die Mathematik und auch die anderen Wissenschaften beeinflusst und weitergebracht? Was hatte z.B. die Physik davon?

Grüße
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Re: Von Maßen und Mächtigkeiten

Beitrag von Skeltek » 14. Mai 2013, 10:03

Ich möchte falls erwünscht folgendes auch zur Diskussion stellen:
Wäre bei den ganzen Zahlen die Reihenfolge nicht bekannt, wären sie auch überabzählbar*

bzw

Gibt es dann eine Aufzählung, die alle Zahlen trifft, oder wird es immer eine nicht aufgezähle Restmenge geben?
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Re: Von Maßen und Mächtigkeiten

Beitrag von tomS » 14. Mai 2013, 11:10

Gleiche Mächtigkeiten angedeutet durch |.| bedeutet gleiche Kardinalzahl
Gruß
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