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Hyperraumgeometrie

Mathematische Fragestellungen
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Re: Hyperraumgeometrie

Beitrag von tomS » 3. Mär 2010, 00:23

Zur Abwechslung mal eine "einfache" Betrachtung ohne große Überraschungen - denn i.A. erscheint die Hyperraumgeometrie recht vertraut.

Man betrachte die n-dimensionale Verallgemeinerung des gleichseitigen Dreiecks bzw. des Tetraeders, nämlich des sogenannten regelmäßige n-Simplex. Das 1-Simplex ist eine Linie, das 2-Simplex ein Dreieck und das 3-Simplex das Tetraeder. Das n-Simplex wird von n+1 (n-1) Simplizes begrenzt; im Falle des 3-Simplex = des Tetraeder sind dies 4 2-Simplizes = gleichseitige Dreiecke. Außerdem enthält das n-Simplex (n+1) Eck-Punkte. Die Anzahl der weiteren (n-2)- (n-3)- ... Simplizes ist übrigens durch Binomialkoeffizienten gegeben.

Es gibt eine recht einfache Koordinatendarstellung des n-Simplex im (n+1)-dimensionalen Raum. Dazu betrachtet man den n-dimensionalen Einheits-Hyperwürfel, dessen Ecken allesamt bei den Koordinaten
(1,0,0,...)
(0,1,0,...)
...
(1,1,0,...)
(1,0,1,...)
...
(0,...,1,1,1)
liegen. Der Einheits-Hyperwürfel hat also die Kantenlänge eins und wird von 2[up]n[/up] Ecken aufgespannt.

Auf diesem Hyperwürfelliegen nun die Ecken des regelmäßigen (n-1)-Simplex. Oder anders ausgedrückt kann das regelmäßigen n-Simplex im (n+1)-dimensionalen Raum konstruiert werden. Die Koordinaten in (n+1) Dimensionen lauten
x[down]1[/down] = (1,0,0,...,0)
x[down]2[/down] (0,1,0,...,0)
x[down]3[/down] (0,0,1,...,0)
...
x[down]n+1[/down] (0,0,0,...,1)

Im Falle niedriger Dimensionen ist dies leicht einsichtig.

Im Falle von n+1 = 2 liefert dies eine Strecke von (1,0) nach (0,1). Im Falle von n+1 = 3 liefert dies ein Dreieck mit den Ecken (1,0,0), (0,1,0) und (0,0,1). Das Quadrat der Kantenlänge des n-Simplex ist dabei gemäß des (n+1)-dimensionalen Pythagoras

|x[down]k[/down] - x[down]l[/down]|[up]2[/up] = 2

(für zwei beliebige Ecken k und l) und damit unabhängig von n.

Interessant ist der Mittelpunktswinkel. Dazu berechnet man das Zentrum des n-Simplex. AUs Symmetriegründen liegt es auf der Raumdiagonalen vom Ursprung zu (1,1,1,...,1) und habe die Koordinaten

x[down]0[/down] = (a,a,a,...,a).

Gleicher und minimaler Abstand zu allen Ecken liefert

a[down]n[/down] = 1/(n+1)

Für den Abstand des Mittelpunkts x[down]0[/down] von einer Ecke k gilt

|x[down]k[/down] - x[down]0[/down]|[up]2[/up] = 1 - 1/(n+1)

D.h. für große n nähert sich dieser Abstand der 1.

Außerdem kann man auch den Abstand des Mittelpunkts vom Koordinatenursprung betrachten

x[down]0[/down] = 1/(n+1)

D.h. für große n nähert sich das Zentrum (= der Schwerpunkt des n-Simplex) dem Ursprung.

Etwas schwieriger ist die Berechnung des Mittelpunktswinkels. Dazu betrachtet man die Verbindungslinien vom Zentrum zu den beiden Ecken k und kl:

cosß[down]kl[/down] = -1/n

D.h. der Cosinus nähert sich der Null und damit der Winkel den 90[up]o[/up]. (Die Chemiker lernen den Mittelpunktswinkel für das Tetraeder wegen des Kohlenwasserstoffs für CH4 mit seinen Hybridorbitalen).

Dan fragen wir noch, ob es wieder möglich ist, sich berührende Hyperkugeln für die Ecken zu konstruieren und eine weitere Hyperkugel genau ins Zentrum einzupassen. Ja, das klappt, aber die zentrale Hyperkugel verhält sich unspektakular; sie hat keinen Platz sich auszudehnen.

Für den Radius der Hyperkugeln an den Ecken gilt



Für den Radius der zentralen Hyperkugel gilt



-------------------------

Nachtrag: übrigens kann man leicht zeigen, dass der o.g. Vektor

x[down]0[/down] = (a,a,a,...,a).

senkrecht auf dem n-Simplex steht. Dazu betrachtet man die Vektoren y[down]kl[/down], die von einem Vertizes k zu einem Vertex l weisen.

y[down]kl[/down] = x[down]l[/down] - x[down]k[/down]

Diese haben die Koordinaten

(0,...,0, 1, 0,...,0, -1, 0,...,0)

wobei 1 bzw. -1 an der Stelle l bzw, k stehen.

Man weißt leicht nach, dass der Vektor zum Zentrum senkrecht auf all diesen Vektoren steht. Mit der Existenz dieser auf dem gesamten n-Simplex stehenden senkrechten Richtung ist übrigens auch gezeigt, dass der n-Simplex selbst tatsächlich nur auf einer n-dimensionale Hyperfläche im (n+1)-dimensionalen Hyperraum liegt.
Gruß
Tom

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Re: Hyperraumgeometrie

Beitrag von tomS » 3. Mär 2010, 21:19

Danke für die Korrektur der Koordinaten; diese sind tatsächlich unvollständig; die Auflistung als Bitfolge ist sehr praktisch
Gruß
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Re: Hyperraumgeometrie

Beitrag von tomS » 3. Mär 2010, 23:17

Wenn ich die n-dimensionale Verallgemeinerung der $Euler-Ungleichung glauben darf, dann gilt für den n-Simplex die Beziehung R = nr für die Um-Hyperkugel mit Radius R sowie die In-HyperKugel mit Radius r. In unserem Fall ist R gegeben durch

R² = 1 - 1/(n+1)

Damit ist

r² = R²/n²

und geht mit wachsendem n gegen Null, d.h. die In-Hyperkugel verschwindet!
Gruß
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Re: Hyperraumgeometrie

Beitrag von tomS » 4. Mär 2010, 00:05

Einige seltsame Eigenschaften unendlichdimensionaler Räume ...

Üblicherweise spricht man im Falle normierter Räume von sogenannten Banach-Räumen; normiert bedeutet dabei, dass man die Länge eines Vektors definieren kann (dies ist nicht immer der Fall!). Eine weitere Eigenschaft wäre die Existenz einer Metrik, d.h. eines Abstandsbegriffs zwischen zwei Punkten; letzteres weißt den Weg zu den sogenannten Hilberträumen, die in der QM eine wesentliche Rolle spielen.

Üblicherweise schreibt man die Länge eines Vektors x als |x| und berechnet sie gemäß der Verallgemeinerung des Satzes des Pythagoras als

|x|² = x[down]1[/down]² + x[down]2[/down]² + ...

Es gibt jedoch andere Definitionen, die ebenfalls die Eigenschaften einer Norm erfüllen! Außerdem ist üblicherweise die Metrik, d.h. der Abstand zweier Punkte definiert als die Länge des Abstandsvektors, d.h. für zwei Punkte x und y gilt der Abstandsbegriff

d²(x, y) = |x - y

Nun kann man aber Räume finden, in denen sich eine Metrik definieren lässt, die nicht aus einer Norm ableitbar ist, d.h. grob gesprochen existiert zwar ein Abstands- aber keine Längenbegriff.

Außerdem gibt es einige Seltsamkeiten bzgl. des Konvergenzbegriffes; so kann man z.B. eine Folge von Punkten definieren, die bzgl. eines Konvergenzbegriffes konvergent, bzgl. eines anderen divergent sind. Ein bekanntes Beispiel ist die Delta-Distribution, die zwar durch eine Funktionenfolge angenähert werden kann (d.h. es liegt sogenannte punktweise Konvergenz vor), deren Norm jedoch divergiert.

Weitere Seltsamkeiten treten bei der Definition der Dimension und der Basis auf. Eine Basis ist uns aus zwei Dimensionen gut bekannt. Z.B. wird der zweidimensionale Raum aufgespannt durch die beiden Einheitsvektoren e[down]x[/down] = (1,0) und e[down]x[/down] = (0,1). Die Anzahl der Basisvektoren ist zwei, also ist der Raum zweidimensional. In unendlich vielen Dimensionen kann man z.B. die Basisvektoren

e[down]1[/down] = (1,0,...)
e[down]2[/down] = (0,1,0,...)
...


usw. definieren und erhält eine sogenannte Schauder-Basis. Die Anzahl der Basisvektoren ist unendlich, aber abzählbar. Nun kann man versuchen, zwei Ansätze für die Darstellung eines Vektors zu finden:
1) endliche Kombination von Basisvektoren
2) unendliche Kombination von Basisvekoren
Ersteres entspricht der sogenannten Hamelbasis, letzteres der Schauder-Basis. Man kann nun zeigen, dass Banachräume immer eine Hamelbasis haben, dass diese jedoch aus überabzählbar vielen Basisvektioren bestehen kann und diese (aufgrund der Verwendung des Auswahlaxionms) nicht unbedingt konstruierbar sein müssen, d.h. dass lediglich ihre reine Existenz gesichert ist, ohne sie jedoch zu kennen! Man kann wählen zwischen 1) endlicher Linearkombination überabzählbar vieler möglicherweise unbekannter Basisvektoren und 2) abzählbarer Linearkombination abzählbar vieler Basisvektoren.

Im Falle des o.g. Beispiels kann man leicht einsehen, dass der Vektor

a = (1, a, a², a³, ...)

für |a|<1 überabzählbar viele Vektoren enthält, die man zwar trivialerweise als

a = e[down]1[/down] + a e[down]2[/down] + a² e[down]2[/down] + ...

schreiben kann, für die aber eine endliche Linearkombination von irgendwie gearteten Basisvektoren nicht ausreichen, da man sonst die Eigenschaft der Überabzählbarkeit verliert.
Gruß
Tom

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Re: Hyperraumgeometrie

Beitrag von tomS » 4. Mär 2010, 08:30

Ja, man kann in diesen unendlich-dimensionalen Räumen sehr praktische Mathematik betreiben. Unter bestimmten Voraussetzungen kann man dabei fast die Regeln der gewöhnliche linearen Algebra verwenden. Insbs. trifft dies auf die in der QM wichtigen separablen Hilberträume zu. Damit entfallen einige Probleme bzgl. der Basis (man betrachtet dann immer die Schauder-Basis). Wenn außerdem noch die zu betrachtenden Operatoren beschränkt sind (was sie leider oft nicht sind :-) dann sehen viele Probleme aus wie die Rechnung mit unendlich-dimensionalen Matrizen.

Bestes Beispiel ist die Fouriertransformation einer periodischen Funktion (z.B. periodisch im Intervall [0,L]). Das Beispiel ist in der QM unrealistisch, wird aber als Einführung gerne betrachtet. Praktische Relevanz hat es für die eingespannte Saite. Eine Funktion f(x) auf dem Intervall [0,L] ist dann ein Punkt im unendlich-dimensionalen Hilbertraum L²[0,L]; die Basisvektoren sind einfach die Sinus- bzw. Cosinus-Moden. Dazu gibt es einen sogenannten isomorphen Vektorraum l². Darin besteht die Basis aus den o.g. unendlich.dimensionalen Einheitsvektoren



Wobei die 1 an der n-ten Stelle steht. Die Saite wird also beschrieben durch



oder durch



Die Koeffizienten (f[down]n[/down]) sind die Koordinaten innerhalb der beiden Räume. Beide Räume bzw. Darstellungen sind äquivalent. Man kann in beiden Räume die Norm (= die Länge) eines Vektors definieren, man kann den Abstand zweier Punkte als Norm (= die Länge) des Differenzvektors definieren und man kann den Winkel zwischen zwei Vektoren mittels des Skalarproduktes definieren.

In der Komponentendarstellung ist dies unmittelbar einsichtig. Etwas eigentümlich ist es, eine Funktion als Punkt = Element in einem Raum aufzufassen, aber das funktioniert formal hervorragend. Man kann also eine Funktion eine Länge sowie zwei Funktionen einen Winkel zuordnen. Dazu benötigt man das Skalarprodukt



Bis auf eine multiplikative Konstante (die meiner Faulheit geschuldet ist :-) stimmt dies mit



überein. Die in der Physik häufig verwendete Notation |f> soll zeigen, dass es egal ist, ob man |f> als Funktion f(x) oder als Folge von Koordinaten auffasst.

Im Falle nicht-periodischer Funktionen wird das etwas komplizierter, da einige der eingangs erwähntes Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind. TRotzdem gelten ähnliche Regeln auch für die Fouriertransformation





Dabei handelt es sich um eine Abbildung vom HIlbertraum L² auf sich selbst. Man kann bzgl. dieser Transformation sogar Eigenfunktionen bestimmen (es sind die Hermitefunkltionen, die man im Falle des qm harmonischen Oszillators findet) und damit die Transformation als Verallgemeinerung einer endlich-dimensionalen Matrix auffassen. Die Transformation ist unitär, d.h. sie erhält das Skalarprodukt, d.h. dass der "Winkel" zwischen zwei Funktionen f und g sowohl im x- als auch im p-Raum identisch ist. Die Fouriertransformation ist also soetwas wie eine unendlich-dimensionale, komplexe Drehung.

Mathematiker sehen darin eine Anwendung der Funktionalanalysis = der unendlich-dimensionalen Verallgemeinerung der linearen Algebra auf sogenannte Funktionenräume. Physiker, Elektrotechniker usw. sehen darin einfach eine Rechenmethode.
Gruß
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Re: Hyperraumgeometrie

Beitrag von tomS » 5. Mär 2010, 18:17

Generell finde ich die Einbettungssätze interessant; Dabei geht es um die Fragestellung, wie man eine Mannigfaltigkeit in einen höherdimensionalen Raum einbetten kann. Z.B. ist die Kleinsche Flasche ja nur mit Selbstdurchdringung in drei Dimensionen darstellbar, aber durchdringunsfrei in höheren Dimensionen ...
Gruß
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Re: Hyperraumgeometrie

Beitrag von tomS » 7. Mär 2010, 00:17

Also dann zur Sache: es gibt eine Reihe von Einbettungssätzen; sie unterscheiden sich im Detail, da sie unterschiedliche Annahmen über die Struktur und insbs. "Glattheit" der betrachteten Mannigfaltigkeiten machen.

Einführende Überlegungen

Eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit ist dabei ein mathematisches Objekt, das lokal wie eine Kopie des n-dimensionalen euklidischen Raumes R[up]n[/up] aussieht. Z.B. ist die Kugeloberfläche eine 2-dim. Mannigfaltigkeit, die wie eine 2-dim. flache Ebene aussieht , wie wir aus eigener Anschauung bei der Erdoberfläche sehen können; erst global erkennt man den Unterschied zwischen Kugeloberfläche und Ebene. Einbettung bedeutet, dass man die betrachtete Manigfaltigkeit als Teil eines höherdimensionalen Raumes betrachtet. Dies ist mathematisch nicht zwingend erforderlich; man kann jede Mannigfaltigkeit für sich alleine analysieren, ohne sie in einen "Hyperraum" einbetten zu müssen.

Allerdings erwartet man sich in höherdimensionalen Räumen eine einfachere Struktur, z.B. die Vermeidung von Selbstdurchdringungen bzw. Überschneidungen, wie sie bei der Kleinschen Flasche in drei Dimensionen vorliegen:
K.png
Man erhält die Kleinsche Flasche, indem man ein Möbiusband bastelt und dieses entlang der Ränder vollständig verklebt. Mathematisch kann man dies beschreiben, tatsächlich herstellen kann man das Gebilde jedoch nicht. In vier Dimensionen funktioniert dies jedoch ohe Schwierigkeiten = ohne Selbstdurchdringung.

Isometrische C[up]1[/up]-Einbettung

Diese Einbettung gilt für sogenannte Riemannsche Mannigfaltigkeiten, d.h. Räume, auf denen zusätzliche Strukturen wie z.B. Abstände (mittels einer sogenannten Metrik) definiert sind. C[up]1[/up] bedeutet dabei (ohne auf Details eingehen zu wollen) einen bestimmten Grad der Glattheit dieser Einbettung. Man kann zeigen, dass wenn eine derartige n-dim. Mannigfaltigkeit gegeben ist, diese immer in n+1 Dim. einbettbar ist. Isometrisch bedeutet dabei, dass die Einbettung die Eigenschaft der Länge respektiert, d.h. dass die Länge gemessen in der ursprünglichen n-dim. Mannigfaltigkeit und in n+1 Dim. übereinstimmen. Die Einbettung hat einige kuriose Eigenschaften, so kann z.B. jede beliebige derartige n-dim. Mannigfaltigkeit in eine beliebig kleine Kugel in n+1 Dim. eingebettet werden!. Z.B. passt eine Linie beliebiger Länge in eine beliebig kleine Kreisscheibe.

Isometrische C[up]k[/up]-Einbettung

Hier gilt k>2 und k kann sogar unendlich werden; letzteres bedeutet maximale Glattheit, d.h. die Forderung ist wesentlich stärker. Dementsprechend benötigt man für die Einbettung einer n-dim. Mannigfaltigkeit schlimmstenfalls einen n(3n+11)/2 bzw. n(n+1)(3n+11)/2 euklidischen Raum, je nach dem ob die einzubettende Mannigfaltigkeit kompakt (wie im Falle einer Kugeloberfläche) oder nicht-kompakt (wie im Falle eines unendlich ausgedehnten Raumes) ist.

Diffeomorphe Einbettung

Unter verschärften Bedingungen, nämlich der Forderung nach Differenzierbarkeit der Mannigfaltigkeit, benötigt man für eine derartige n-dim. Mannigfaltigkeit maximal 2n Dim. zur Einbettung.

Anmerkungen: Üblicherweise werden die Fragestellungen der Differentialgeometrie nicht einfacher, wenn man derartige Einbettungen betrachtet. Die o.g. C-Einbettungen gelten nicht für unser 4-dim. Universum, da hier eine Riemannsche Struktur vorausgesetzt wurde, während es sich beim Universum um eine pseudo-riemannsche Mannigfaltigkeit handelt: statt des Abstandsbegriffs d² = x²+y²+z²+... wird d² = -t²+x²+y²+z²+... verwendet (Stichwort: Relativitätstheorie, Lichtkegel).
Gruß
Tom

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Re: Hyperraumgeometrie

Beitrag von breaker » 7. Mär 2010, 13:44

Vielleicht sollte man dazu sagen, was eine Einbettung genau ist, um den Gedankengang zu verstehen, der dahinter steckt.
Eine Einbettung ist per Definition eine Abbildung von der betrachteten Mannigfaltigkeit in einen R[up]n[/up] (n geeignet), die bestimmte Eigenschaften der Mannigfaltigkeit erhält.
Was bedeutet das genau?
Es soll heißen, wenn ich die Einbettung f (=meine Funktion) auf alle Punkte x der Mannigfaltigkeit anwende, dann soll gelten: Hat x die Eigenschaft {was auch immer}, so hat auch f(x) diese Eigenschaft.
Eine Isometrie ist hierfür ein gutes Beispiel. Wie schon erwähnt, ist das eine Abbildung, die Abstandserhaltend ist. Es gilt also: Haben zwei Punkte x und y (in der Mannigfaltigkeit) den Abstand d, so haben auch die Punkte f(x) und f(y) (im R[up]n[/up]) den Abstand d.

Der Grund, aus dem man sowas macht: Wenn mich auf der Mannigfaltigkeit M aus irgendeinem Grund nur die Abstände von Punkten interessieren, brauche ich garnicht die Mannigfaltigkeit selbst zu betrachten, sondern kann auch stattdessen das Bild f(M) untersuchen, da das, was mich interessiert (die Abstände) ja bei beidem gleich ist. Ich kann mir also das einfachere von beiden raussuchen und damit arbeiten.

Da mich aber nicht nur Abstände interessieren, sondern in der Regel mehrere Sachen, ist man in der Mathematik dankbar über Abbildungen, die möglichst viele Eigenschaften erhalten. Die Frage danach, wann solche Abbildungen existieren, ist ein wichtiges Thema in der Mathematik. Der Einbettungssatz von Nash besagt nun, dass für jede riemannsche Mannigfaltigkeit eine Einbettungsabbildung existiert, die Abstände erhält.

Dass solche Abbildungen nicht immer existieren müssen, kann man sich an folgendem Beispiel vielleicht einigermaßen klar machen:
Eine stetige Abbildung könnte man interpretieren als eine Abbildung, die Grenzwerte erhält (denn Stetigkeit bedeutet gerade, dass aus x[down]n[/down] --> x folgt:
f(x[down]n[/down]) --> f(x) ).
Nun kann man sich fragen, ob zwischen den Mengen [0,1] und (0,1) eine stetige Abbildung existiert. Die Antwort lautet nein, denn das stetige Bild einer kompakten Menge ist immer kompakt. Da aber [0,1] kompakt ist, und (0,1) nicht, kann es keine stetige Abbildung von [0,1] nach (0,1) geben.

Weitere Beispiele für diese Art zu arbeiten, sind zum Beispiel Isomorphismen zwischen Vektorräumen in der linearen Algebra (jeder n-dimensionale reelle Vektorraum ist zum R[up]n[/up] isomorph), oder Darstellungen von Lie-Algebren durch Matrizen.
Isomorphismen und Darstellungen sind hierbei Abbildungen, die ähnliche Eigenschaften haben, wie die Einbettungen hier.

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Re: Hyperraumgeometrie

Beitrag von tomS » 7. Mär 2010, 22:37

Noch eine Idee: Man betrachte ein kubisches Gitter in n Dimensionen. Die Gitterpunkte haben also alle ganzzahlige Koordinaten (x[down]1[/down], x[down]2[/down], x[down]3[/down], ...x[down]n[/down]). Gegeben sei nun ein Stab der Länge z (ebenfalls eine ganze Zahl). Die Frage ist, ob man diesen Stab so in das Gitter legen kann, dass Anfangs- und Endpunkt auf einen Gitterpunkt zu liegen kommen, wobei der Stab natürlich nicht parallel zu den Gitterlionien liegen soll.

Mit dem n-dimensionalen Pythagors erhält man also eine Gleichung für die Länge des Stabes:

z[up]2[/up] = x[down]1[/down][up]2[/up] + x[down]2[/down][up]2[/up] + x[down]3[/down][up]2[/up] + ... + x[down]n[/down][up]2[/up]

DIe Frage ist, in welcher Dimension n und für welche Länge z es jeweils Lösungen gibt.

In zwei Dimensionen handelt es sich um die pythagoräischen Zahklentripel, z.B. 5[up]2[/up] = 3[up]2[/up] + 4[up]2[/up], d.h. ein Stab der Länge 5 würde mit seinem Anfangs- bzw. Endpunkt an den Koordinaten (0,0) bzw. (3,4) zu liegen kommen. Andererseits sind natürlich viele Zahlen nicht so darstellbar, z.B. gibt es keine Lösung für z=3. In genügend großen Dimensionen ist das Problem dagegen immer lösbar, denn man kann ja jede Zahl z darstellen als

z[up]2[/up] = 1[up]2[/up] + 1[up]2[/up] + ... + 1[up]2[/up]

mit z[up]2[/up] Summanden vom Wert 1. Das ist natürlich langweilig.

Eine verwandte Frage lautet also: Ist jede Quadratzahl z[up]2[/up] darstellbar als Summe von n Quadratzahlen? Das ist jetzt keine Frage aus der Geometrie sondern aus der Zahlentheorie.
Gruß
Tom

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Re: Hyperraumgeometrie

Beitrag von tomS » 8. Mär 2010, 08:09

Es gibt auch eine Satz, nachdem jede Zahl als Summe von vier Quadratzahlen darstellbar ist. D.h. ab n=4 ist die Aufgabe immer nicht-trivial lösbar.
Gruß
Tom

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Re: Hyperraumgeometrie

Beitrag von tomS » 8. Mär 2010, 20:36

Noch eine Eigenart des dreidimensionalen Raums: Man kann nur in drei Dimensionen ein Vektorprodukt definieren! Von einem Vektorprodukt erwartet man, dass zwei n-dim. Vektoren "multiplikativ" auf einen dritten n-dim. Vektor abgebildet werden. Außerdem soll die gewöhnliche Addition von zwei Vektoren funktionieren. Eine derartige Struktur nennt man "Algebra", bekannte Beispiele sind die reellen und die komplexen Zahlen sowie Matrizen.

Im Falle des Vektorproduktes stellt sich heraus, dass dieses eng mit den Quaternmionen zusammenhängt. So wie man die reellen zu den "zweidimensionalen" komplexen Zahlen erweitern kann, indem man eine imaginäre Einheit mit i² = -1 hinzufügt, so kann man auch die "vierdimensionalen" Quaternionen durch das Hinzufügen von drei derartigen Einheiten mit i² = j² = k² = -1 definieren. Außerdem kann man die Quaternionen über die Einheitsmatrix sowie die Pauli-Matrrizen darstellen. Leider ist die Multiplikation nicht mehr kommutativ, d.h. für zwei Quaterniuonen q[down]1[/down] und q[down]2[/down] gilt i.A. nicht q[down]1[/down]q[down]2[/down] = q[down]2[/down]q[down]1[/down]. Nun haben die Quaternionen vier Dimensionen entsprechend der Basiselemente 1, i, j, k; das Vektorprodukt erhält man aus Quaternionen, die ausschließlich auf der Basis i,j,k aufbauen, für also die 1-Komponente Null ist. Letztlich liegt das an der Multiplikationsregel für die i, j, k bzw. für die Pauli-Matrizen.

Für das Vektorprodukt zweier Vektoren gilt



Für die Pauli-Matrizen gilt



Bis auf das "i" sind diese beiden Algebren strukturell gleich.

Man kann nun die Pauli-Matrizen auch auf mehr Dimensionen verallgemeinern; warum also funktioniert das mit dem Vektorprodukt nicht? Der Grund ist, dass die Quaternionen eines sogenannte (nullteilerfreie) Divisionsalgebra darstellen. D.h. dass aus q[down]1[/down]q[down]2[/down] = 0
immer folgt, dass entweder q[down]1[/down] oder q[down]2[/down] selbst Null ist. Damit ist die Multiplikation über den QUatermionen invertierbar und es gibt ein eindeutiges inverses Element, so dass q[down]1[/down] (q[down]1[/down])[up]-1[/up] = 1.

Diese Eigenschaft der Nullteilerfreiheit, d.h. der Existenz einer Divisionsalgebra gilt nur in den Dimensionen 1, 2, 4 - und 8!!! Entsprechend erhält mit die reellen Zahlen R, die komplexen Zahlen C, die Quaternionen H - und die Oktonionen O!!!

Letztere lassen sich ähnlich wie die Quaternionen über die Hinzunahme von sieben Elementen zu den reellen Zahlen definieren, wobei die Quaternionen enthalten sind. IN den sieben "zusätzlichen DImensionen" existiert soetwas wie ein Vektorprodukt im 7-dim. Raum. Aber die Oktonionen sind nicht assoziativ, d.h. die bekannte Gleichung a(bc) = (ab)c gilt hier nicht! Nun ist aber die gewöhnliche Matrizenmultiplikation immer assoziativ, d.h. die Oktonionen lassen sich auch nicht als Matrizen darstellen!

Aus der Existenz der Oktonionen folgt nun eine Reihe ganz bemerkenswerter Strukturen:
0) wie erwähnt eine Art Vektorprodukt auf der 7-dim. Unterstruktur dr Oktonionen
1) auf der 7-dim. Kugeloberfläche S[up]7[/up] existieren nicht-diffeomorphe Strukturen, d.h. es gibt verschiedene S[up]7[/up], die topologisch identisch, jedoch bzgl. dre Differentialrehcnung unterschiedlich sind
2) die Lie-Gruppe E8 kann als Symmetriegruppe über einer oktonionischen Struktur aufgefasst werden; genausowenig wie man die Oktonionen erweitern kann, kann man eine E9 konstruieren

Bei gewöhnlichen Matrizen "misst" man die Kommutativität über den Kommutator [a,b] = ab-ba; für die Oktonionen definiert man entsprechend der Assoziator [a,b,c] = (ab)c - a(bc). Interessanterweise gibt es für "gewöhnliche" Lie-Gruppen ein Skalarprodukt, das unter der Lie-Gruppe invariant ist. Für die E-Gruppen kann man etwas ähnliches konstruieren, allerdings benötigt man dazu drei (und nicht wie beim Vektorprodukt zwei) Objekte. Derartige 3-Invarianten findet man auch in Eichtheorien für die E8, die wiederum aus der Stringtheorie resultieren. Letztere kann man zur sogenannten M-Theorie erweitern, wobei in dieser die Verallgemeinerung einer Lie-Algebra Verwendung findet, die ebenfalls statt des Kommutators ein aus 3 Objekten zusammengesetztes Gebilde benutzt.

Man weiß heute noch nicht genau, was man da entdeckt hat; die Mathematik ist hier dabei, die Spitze eines Eisberges in sieben bzw. acht Dimensionen zu erforschen ...
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
Sir Karl R. Popper

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