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Deterministisches Chaos

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Deterministisches Chaos

Beitrag von seeker » 14. Feb 2010, 16:01

Hallo zusammen!

Das hier wir ein Einstieg zum Thema deterministisches Chaos.
Dazu findet ihr im Anhang eine Zip-Datei mit zwei von mir geschriebenen Programmen und Anleitung.
Das eine iteriert die logistische Gleichung f(x) = ax(1-x) und das andere zeichnet daraus ein Feigenbaumdiagramm.
Die Dateien sind sauber. Ich habe sie extra nochmal mit meinem Norton Internet Security-Virenscanner geprüft.
Chaostheorie findet universelle Anwendung - auch im Universum: z.B. das Dreikörperproblem.
Einführende Erklärungen folgen im nächsten Beitrag.

Viel Spaß damit
seeker
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Chaos.zip
(47.26 KiB) 286-mal heruntergeladen
Grüße
seeker


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Re: Deterministisches Chaos

Beitrag von seeker » 14. Feb 2010, 16:31

Hier der Einstieg aus Auszügen aus einer von mir erstellten Projektarbeit:
Ist erstmal viel Text - ich weiß. Tut mir leid... kürzer gehts nicht - falls ihr mit den Programmen herumspielen wollt, braucht's etwas Hintergrundwissen.

1. Einleitung: Was ist Chaos?

Man kann alle natürlichen Systeme in drei grundsätzlich verschiedene Kategorien einteilen, nämlich in deterministisch-geordnete, zufällige und deterministisch-chaotische Systeme. Hierbei scheinen die chaotischen Systeme eine Art Zwischenzustand zwischen Ordnung und Zufall einzunehmen.

1. Ordnung
Ein System, das Gesetzen der Ordnung folgt, ist genau vorhersagbar und berechenbar. Bei einem Federpendel beispielsweise kann man genau berechnen, welche Geschwindigkeit und welche Auslenkung es zu einem bestimmten Zeitpunkt besitzt. Wird dieses System nur einmal von außen zum Schwingen angeregt, schwingt das System so lange weiter, bis es schließlich durch Reibungsverluste zum Stillstand kommt. Diese Reibungsverluste sind aber genau berechenbar und wirken sich linear auf das System aus. Auch Messfehler und Rechenungenauigkeiten wirken sich linear auf solche Systeme aus. Sie können deshalb z.B. über eine Fehlerfortpflanzungsrechnung in ihrer Auswirkung gut erfasst werden. Das heißt, dass kleine Ungenauigkeiten kleine Fehler zur Folge haben. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts glaubte man noch, unter dem Einfluss der sehr erfolgreichen Newtonschen Gleichungen, dass prinzipiell alle Systeme dieses Verhalten zeigen, dass das zukünftige Verhalten der gesamten Natur grundsätzlich berechenbar sei. Unser Unvermögen hierzu wäre dabei nur durch unsere unvollkommenen Messmethoden und unsere Unfähigkeit, die dazugehörigen komplizierten Gleichungen aufzustellen bzw. zu lösen, verursacht.

2. Zufall
Zufall lässt sich anhand eines Würfels gut und anschaulich beschreiben. Die Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Zahl zu würfeln beträgt ein Sechstel. Wird nun beispielsweise eine Eins gewürfelt, so beträgt die Wahrscheinlichkeit beim nächsten Wurf erneut eine Eins zu würfeln wieder ein Sechstel. Die Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Zahl zu würfeln ändert sich also nicht, egal welche Zahl zuvor gewürfelt wurde. Die Ereignisse beim Würfeln sind also völlig unabhängig voneinander und beeinflussen sich nicht. Es ist daher unmöglich ein Ereignis mit einer höheren Wahrscheinlichkeit als der statistischen (hier von einem Sechstel) vorherzusagen. Welche Zahl also als nächstes gewürfelt wird bestimmt der Zufall.
Auch der radioaktive Zerfall von Atomen wird durch den Zufall bestimmt. Obwohl man weiß, wie viele Atome pro Zeiteinheit zerfallen, wenn man eine bekannte, große Anzahl von Atomen betrachtet, so kann man doch nicht sagen, welches einzelne Atom als nächstes zerfallen wird. Jedes Atom besitzt genau dieselbe Wahrscheinlichkeit zu zerfallen: Es kann daher im nächsten Augenblick zerfallen – oder erst in einer Milliarde Jahren. Gleiches gilt für viele Phänomene im Allerkleinsten, wo das Plancksche Wirkungsquantum h bzw. die Heisenbergsche Unschärferelation eine Rolle spielen.
Dies war der erste Schock für die Wissenschaft im frühen 20. Jahrhundert. Sie tat sich damit verständlicherweise sehr schwer. Einstein behauptete zu dieser Zeit noch fest: „Gott würfelt nicht!“.
Trotzdem wurde es mit der Zeit unumgänglich zu akzeptieren, dass es tatsächlich Phänomene gibt (wie der radioaktive Zerfall- nicht wie das Würfeln), die prinzipiell nicht vorhersagbar sind -also Wirkungen ohne Ursache zeigen- und doch für ihr Verhalten eine bestimmte (berechenbare) Wahrscheinlichkeit angegeben werden kann.

3. Deterministisches Chaos
Anders als beim Zufall sind beim Chaos die Ereignisse nicht unabhängig voneinander. Die Ereignisse gehen nach festen Regeln (deterministisch) ineinander über. So kann es sein, dass eine winzige Änderung in den Anfangsbedingungen eine sehr große Auswirkung auf das Ergebnis hat. Das Wort „Schmetterlingseffekt“ ist ein weit verbreiteter Begriff für dieses Phänomen. Er kam dadurch zu Stande, dass der Meteorologe Edward Lorenz im Jahre 1963 beim Versuch die Wettervorhersage mit Hilfe einer Formel, mit der der Computer rechnete, zu präzisieren, anstatt 0,506127 in den Computer 0,506 als Anfangswert eingab. Dies hatte zur Folge, dass die beiden Wettervorhersagen (einmal mit 0,506127 und einmal mit 0,506 als Anfangswert) zunächst übereinstimmten. Sehr bald wurden die Unterschiede jedoch so dramatisch, dass die beiden Kurven, die das Wetter beschrieben, nichts mehr gemein zu haben schienen. Der Unterschied von nur einem hundertstel Prozent, hatte also die gesamte Wettervorhersage durcheinandergebracht. Da dieses hundertstel Prozent in etwa einem leichten Windhauch (bildlich gesprochen: dem Flügelschlag eines Schmetterlings) entspricht, nennt man dieses Phänomen „Schmetterlingseffekt“. Das Wetter ist also ein Paradebeispiel für deterministisches Chaos. Ein weiteres wäre das Dreikörperproblem in der Astronomie.
Der Begriff deterministisches Chaos bezeichnet das Verhalten nichtlinearer, rückgekoppelter Systeme. Obwohl diese Systeme selbst streng naturgesetzlichen Kräften unterliegen, sind sie aufgrund ihrer vielfachen Rückkopplungen und ihrer Komplexität extrem abhängig von den jeweiligen Anfangsbedingungen. Wenn man nun deterministisches Chaos untersucht, geht es vor allem um die Instabilität von Systemen gegenüber kleinsten Abweichungen in ihren Anfangsbedingungen. Diese empfindliche Abhängigkeit von den Anfangsbedingungen ist dafür verantwortlich, dass sich chaotische Systeme nicht weit vorhersagen lassen, da solche Anfangs- und Randbedingungen weder exakt bestimmbar sind, noch der weitere Verlauf des Systems unendlich exakt berechenbar ist. Ein Fehler wächst also zunächst exponentiell an, im Gegensatz zu einem linearen System, bei dem sich auch der Fehler linear ausbreitet.
Chaotisches Verhalten zeigt aber im Gegensatz zu rein zufälligen oder nur wahrscheinlichen Vorgängen (wie z.B. Würfeln) tiefreichende Strukturen und Ordnungsmuster, auch Attraktoren genannt. Einen Attraktor, der ein chaotisches System beschreibt, nennt man seltsamen Attraktor. Der seltsame Attraktor besteht aus einer unendlich langen Linie, die sich auch auf begrenztem Raum nie überkreuzt.
Die Entdeckung chaotischer Systeme war eine weitere Erschütterung des damaligen Weltbildes: Es gibt also auch Phänomene, die, obwohl prinzipiell berechenbar, doch nicht über längere Zeiträume vorhergesagt werden können.

Im Grenzbereich zwischen Ordnung und Chaos lässt sich noch eine weitere wichtige Kategorie von Systemen ausmachen:

Die Komplexen Systeme
Komplexe Systeme verhalten sich fast chaotisch, fast geordnet. Sie haben die Fähigkeit der Selbstorganisation, d.h. sie bilden gegen die Entropie geordnete Strukturen aus. Sie sind offene Systeme. Alle Lebewesen sind komplexe Systeme. Die Eigenschaften komplexer Systeme lassen sich im Gegensatz zu Systemen, die nur kompliziert sind nicht reduktionistisch erklären. D.h. sie zeigen neue Eigenschaften, die aus ihren Einzelteilen nicht folgerbar - bzw. in diesen überhaupt nicht vorhanden sind. Einfach ausgedrückt: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Einzelteile. So kann man z.B. durch die Untersuchung eines einzelnen Autos unmöglich das Phänomen eines Verkehrsstaus erklären oder folgern. Die Erforschung von komplexen Systemen wurde erst durch die Chaostheorie im Zuge der dramatischen Leistungssteigerung der modernen Computer möglich.

Die Entdeckung des Chaos ist in den Augen von vielen heutigen Wissenschaftlern für unser Weltbild gleichbedeutend mit der Relativitätstheorie und der Quantenmechanik. Bei genauerer Betrachtung der Welt stellt sich heraus, dass fast alle Systeme im Universum in Wahrheit chaotisch oder komplex sind. Die Chaostheorie und die Erforschung komplexer Systeme wird es uns in Zukunft möglicherweise erlauben, u.a. einige der bedeutendsten Fragen überhaupt besser verstehen und beantworten zu können: Wie entstand das Leben? Wie entsteht Bewusstsein? Wie funktioniert die Evolution? Wie ist es möglich, dass in einem entropischen Universum, in dem die Unordnung stetig zunehmen muss, komplizierte Strukturen entstanden und entstehen?


2. Chaos am Beispiel der logistischen Gleichung


2.1. Die logistische Gleichung: f(x) = ax(1-x)


a) Einleitung

Denkt man an chaotische Systeme, so denkt man zunächst an sehr komplizierte Systeme, wie das Wetter, die mit einer Vielzahl von komplizierten Gleichungen beschrieben werden müssen und die dann wohl durch ihre Kompliziertheit „irgendwie“ chaotisch werden. Es gibt jedoch auch einfache Gleichungen, die trotzdem das ganze Spektrum an chaotischem Verhalten zeigen. Die hier vorgestellte Gleichung ist hierfür ein Paradebeispiel. Durch ihre Einfachheit eignet sie sich als Einstieg in das Thema deterministisches Chaos besonders gut.

Die wichtigsten Merkmale dieser Gleichung, die ihr chaotisches Verhalten ermöglichen sind folgende:

1. Es handelt sich um eine sog. nichtlineare Funktion. Ausmultipliziert hat sie die Form f(x)=ax-ax^2. Sie hat also mit dem Faktor x^2 ein quadratisches, nichtlineares Element.
2. Durch den Faktor (1-x) ist eine negative Rückkopplung in die Gleichung eingebaut (s.u.).

Die sog. logistische Gleichung f(x) = ax(1-x) geht auf den Mathematiker und Soziologen Pierre François Verhulst (1804-1849) zurück, der das Wachstumsverhalten einer Population bei begrenzten Ressourcen zum ersten Mal mathematisch modellierte.
Die Funktion beschreibt die Populationsstärke: f(x) gibt die Anzahl allerdings nicht kontinuierlich in der Zeit wieder, sondern in diskreten Schritten. Das ist z.B. so, als ob man eine Population nur einmal pro Jahr zählen würde. a entspricht hier der (jährlichen) Reproduktionsrate, 1 entspricht der maximal möglichen Population (von 100%) und x der relativen aktuellen Populationsstärke (z.B. 0,35 entspricht 35% des Maximums).


Wie kommt er zu dieser Gleichung?

Gegeben sei eine Anfangspopulation X0 im Jahr 0. Die Population X1 im Jahr 1 hängt nun sicherlich von der Population im Jahr 0 ab und von der Reproduktionsrate a -> X1= a•X0 oder allgemein: Xn+1= a•Xn im Jahr n+1 bzw. f(x)=a•X. Dies ist eine typische iterative Vorschrift. Drückt man dieses in Abhängigkeit von X0 aus, so ergibt sich für die n-te Generation: Xn=an•X0 . Dies ergibt ein exponentielles Wachstum, welches für unbegrenzte Ressourcen typisch ist.

Was passiert aber, wenn die Population so groß wird, dass sie ihren Lebensraum überstrapaziert, wenn die Ressourcen (z.B. die Nahrung) also begrenzt sind?

Dies wird die Reproduktionsrate vermindern, und zwar umso stärker, je näher die aktuelle Population Xn an der maximal möglichen Population Xmax ist. Verhulsts Idee war nun die Reproduktionsrate a durch a•(Xmax-Xn) zu ersetzen: -> Xn+1= a•(Xmax -Xn)•Xn . Wenn man diese Gleichung nun normiert, d.h. man teilt alle X durch Xmax, so erhält man die Gleichung: xn+1= a•(1-xn)•xn oder allgemein f(x) = ax(1-x).
x gibt die Population nun als Relativwert zur max. Population von 1 (= 100%) an. Dies hat den Vorteil, dass x nun immer zwischen 0 und 1 liegt. Man erhält also, anstatt der linearen Funktion f(x)=a•x, die quadratische, nichtlineare Funktion f(x) = a•(1-x)•x. In der Reproduktionsrate ist über den Faktor (1-x) eine negative Rückkopplung eingebaut.


b) Das Feigenbaumdiagramm der logistischen Gleichung

Wenn man das gesamte Verhalten der Funktion mit einem Blick überschauen will, so wählt man eine geeignetere Darstellungsform wie die obigen x/Iterations-Diagramme: Man erstellt ein sogenanntes Feigenbaumdiagramm (benannt nach seinem Erfinder, dem amerikanischen Physiker Mitchell Feigenbaum). Bei diesem Diagramm werden quasi alle x/Iterations-Diagramme zusammengefasst. Man beginnt mit einem kleinen a und iteriert oftmals. Nur die letzten erhaltenen Werte von x trägt man dann ins Diagramm ein. Als nächstes erhöht man a ein wenig und iteriert erneut, usw. Das komplette Diagramm stellt dann die Gesamtzahl der Attraktoren (also das langfristige Verhalten) über dem berechneten a-Intervall dar. So lange x0 > 0 und < 1 ist, ergibt sich, von x0 unabhängig, immer die gleiche Form des Feigenbaums. Beim Übergang von der Ordnung zum Chaos wird der Attraktor zunehmend komplexer, da sich die Zahl der Punktattraktoren für den jeweiligen a-Wert durch Bifurkationen in immer kürzeren Abständen ständig verdoppelt. Dabei entsteht bis zu einem Grenzwert a8 eine unendliche Verzweigung des Feigenbaums, wobei die Längenverkürzung von Δa zwischen zwei Bifurkationen immer konstant ist. Daraus ergibt sich die sog. Feigenbaumzahl sigma = 4,6692016091... = Δan/Δan+1 als Verhältnis der Längen zweier aufeinanderfolgender Äste. Diese Konstante ist keineswegs nur für die hier untersuchte Funktion spezifisch, sondern hat auch Gültigkeit in zahlreichen dynamischen Systemen aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen wie Mathematik, Physik, Chemie, Biologie, Medizin, Meteorologie, Soziologie, Wirtschaftswissenschaften, Politik, usw. Es handelt sich hier um eine universelle Konstante!

So, das war's erstmal... ich hoffe ihr findet das interessant?

Grüße
seeker
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Re: Deterministisches Chaos

Beitrag von tomS » 14. Feb 2010, 20:37

Das Thema ist schon sehr spannend; ich hab' mich früher eher mit Fraktalen ("Apfelmännchen") beschäftigt, aber das Feigenbaumdiagramm habe ich natürlich auch schon mal untersucht. Interessant sind auch der Lorenz-Attraktor http://de.wikipedia.org/wiki/Lorenz-Attraktor sowie der Rössler-Attraktor http://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6ssler-Attraktor.
Gruß
Tom

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Re: Deterministisches Chaos

Beitrag von seeker » 15. Feb 2010, 12:16

Das faszinierende an der Gleichung ist, dass sie ja so einfach und völlig banal ist.
Wenn man eine normale x/y-Zuordnung macht (also alle Zahlen einsetzt), bekommt man ganz normale Kurven, an denen überhaupt nichts Besonderes ist.

Erst wenn man die Gleichung auf sich selbst bezieht, also das Ergebnis immer wieder in die Gleichung selbst einsetzt, erhält man diese phantastischen Ergebnisse. Das Zauberwort hierbei heißt Selbstbezüglichkeit! Da entsteht etwas völlig Neues – nicht nur hier!


Zur Erinnerung:
Das Iterationsprogramm rechnet mit den vorgegebenen Startwerten die Gleichung aus (den f(x)-Wert) und setzt das Ergebnis wieder als neuen x-Wert in die Gleichung ein, usw.

Ich will euch mal eines der interessantesten Phänomene zeigen, die in diesem Ding stecken:

Gebt mal beim Iterationsprogramm folgende Zahl ein. a=3,8284270 (x1 ist egal, stellt aber mal 0,5 ein), startet die Rechnung und beobachtet mal, was die Kurve macht (Fortlaufende Darstellung ein, nur eine Kurve darstellen (x1 an)).

Da lehnt man sich doch entspannt zurück und sagt: Hey, das Ding verhält sich ja nach kurzer Einschwingzeit völlig regulär und vorhersehbar, das kann ich mit einer einfachen Gleichung beschreiben, da passiert nichts besonderes mehr!

Ja, von wegen!

Iteration Nr. 3200: Da passiert es plötzlich – es zeigt für kurze Zeit sein wahres Gesicht!
Intermittenz! … nach über 3000 Iterationen!

Das ist wirklich gemein… oder?

Wenn ich jetzt ein physikalisches System mit dieser Eigenschaft habe, was dann?
Ich finde das ziemlich beunruhigend, besonders wenn man bedenkt, wie die Physik bei der Beschreibung der Natur vorgeht… Man kann sich nie ganz sicher sein, ob eine scheinbare Gesetzmäßigkeit wirklich gültig ist. Einfach ausgedrückt: Bloß weil ich einen Stein 1000 mal fallengelassen habe und er 1000 mal in der gleichen Weise gefallen ist, habe ich noch lange nicht bewiesen, dass er immer in dieser Weise fällt! Ganz sicher kann ich mir da nie sein und es passiert mir sehr schnell, dass ich das eine Mal, wo er anders gefallen, ist als Messfehler abtue. Woher will ich mit Sicherheit wissen, ob im untersuchten System nicht doch noch irgendwo eine Rückkopplung versteckt ist?

@Tom
Ja, deine Links sind sehr interessant. Vielleicht modifiziere mich mein Feigenbaumprogramm bei Gelegenheit mal in der Richtung.
Ich habe immer noch Probleme Zahlen mit vielen Nachkommastellen in Visual Basic darzustellen (berechnen geht) - mal sehen.

P.S.:
Beim Feigenbaumprogramm kann man in die Grafik einfach hineinzoomen, indem man im Diagramm die linke Maustaste gedrückt hält und mit der Maus ein Rechteck zieht.

Grüße
seeker
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Re: Deterministisches Chaos

Beitrag von tomS » 15. Feb 2010, 12:44

Zum "Apfelmännchen" habe ich eine super Seite gefunden: http://www.warping.org/frapplets.htm
Gruß
Tom

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Re: Deterministisches Chaos

Beitrag von tomS » 15. Feb 2010, 13:00

Eine gute Darstellung von klassischem und Quantenchaos findet man in dem Artikel

http://www.ikp.physik.tu-darmstadt.de/r ... rtikel.pdf
Billardspiel mit Mikrowellen
Die Analogie zwischen Schrödinger-Gleichung und
Helmholtz-Gleichung ermöglicht Experimente
zum Quantenchaos

Bei der quantenmechanischen Beschreibung
klassisch chaotischer Systeme findet man ein
generisches Verhalten, das sich grundlegend
von dem klassisch regulärer Systeme unterscheidet.
Dieses als Quantenchaos bekannte
Phänomen lässt sich sowohl in echten Quantensystemen,
wie z. B. Atomkernen, als auch in
analogen Modellsystemen wie flachen Mikrowellenresonatoren
beobachten. Darüber hinaus
können die Methoden zur Behandlung des
Quantenchaos auf das allgemeine wellenmechanische
Chaos in Systemen erweitert werden,
deren Verhalten durch eine vektorielle Wellengleichung
beschrieben wird.
Gruß
Tom

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Re: Deterministisches Chaos

Beitrag von seeker » 17. Feb 2010, 22:57

@Tom: Hey, klasse Links!

Ich will mal noch ein wenig erklären, was ein Attraktor ist.

Attraktor, Attraktion, Attraktiv ... das kommt von Anziehen.
Ein Attraktor ist etwas, dass etwas anderes anzieht.

Wenn ihr das Iterationsprogramm laufen lasst, dann findet ihr dort Punktattraktoren.

Die Kurve nähert sich langfristig immer ihrem Attraktor, der hier nur vom gewählten a-Wert abhängt -nicht vom x-Startwert, so lange der im sinnvollen Bereich >0 und <1 liegt (also zwischen >0% und <100%).
(Es gibt noch eine Ausnahme, aber das ist fürs Verständnis hier erstmal egal.)

Wenn man z.B. für a=2 wählt, so liegt der zugehörige Attraktor bei x = 0,5 - und zwar unabhängig vom x-Startwert und auch unabhängig davon, ob das laufende System in seinen x-Werten unterwegs gestört wird. Die Kurve wird sich immer zu ihrem Attraktor hinbewegen (hier 0,5). Schaut auf das kleine Fenster rechts: Da bleibt nur eine Linie. (Ich habe eine Linie aus dem Punkt gemacht, damit man das besser sieht.)

D.H. jeder Fehler wird in diesem Bereich sehr schnell auf Null reduziert. Das System ist hier super-stabil gegen Fehler bzw. Störungen.
(Erstaunlich - oder? Ich komme hier mit Chaos daher und jetzt rede ich auf einmal von super-stabilem Verhalten...)

Bei größeren Werten von a ändert sich das Ganze dann aber erheblich. Aus dem einen Punktattraktor werden 2 (z.B. a=3,1), dann 4, dann 8 usw. - bis aus den zuletzt unendlich vielen Punkten ein Band entstanden ist. Das ist eine Art Unendlichkeitsübergang: Aus ganz vielen Punkten werden zuletzt Strecken (deshalb komme ich auch manchmal immer noch mit unseren Unendlichkeiten und ihren Größen/Mächtigkeiten ein wenig ins Schleudern Tom).

Aus den Punktattraktoren werden Streckenattraktoren. Auch die ziehen die Kurve immer zu sich her/in sich hinein.
Gebt z.B. mal a=3,6 ein: Da bekommen wir keine Punkte mehr, sondern zwei Bänder. Das sieht man in dem kleinen Fenster rechts außen sehr gut. (Das kl. Fenster zwischendurch ruhig mal löschen, wir wollen ja die letzten x-Werte sehen - nicht die ersten.)

Wenn man sich jetzt das Feigenbaumdiagramm an den Punkten a=2 und a=3,6 anschaut, sollte klar werden, was der Feigenbaum darstellt: Alle Attraktoren der Gleichung für alle a-Werte auf einmal.

Ein Attraktor muss kein Punkt oder eine Strecke sein, er kann z.B. auch eine Linie oder eine dreidimensionale Figur sein:

Z.B. kann ein normaler Attraktor im Phasenraum für eine erzwungene reale Schwingung ein Kreis bzw. eine Ellipse sein.
Aber davon später mehr...

Grüße
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Re: Deterministisches Chaos

Beitrag von tomS » 18. Feb 2010, 07:41

Im Falle chaotischer Systeme kann der Attraktor eine fraktale Dimension aufweisen
Gruß
Tom

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Re: Deterministisches Chaos

Beitrag von tomS » 18. Feb 2010, 11:08

In dem Zusammenhang sollte auf ein Verfahren namens Poincare-Schnitt bzw. -Abbildung hingewiesen werden, durch das es möglich wird, das Verhalten realer dynamischer Systeme, z.B. unseres Sonnensystems, zu klassifizieren.

Man betrachtet dazu ein dynamisches System (z.B. einen Planetoiden unter dem Einfluss des Gravitationsfeldes der Sonne sowie ggf. weiterer Planeten) im sogenannten Phasenraum. In diesem Raum nimmt man zu den gewöhnlichen Koordinaten x (dreidimensional) noch die Impulse p=mv (ebenfalls dreidimensional) hinzu. Der Phasenraum eines einzelnen Objektes in drei Dimensionen ist also sechsdimensional; der Phasenraum eines Systems aus N Körpern in D Dimensionen ist 2*N*D dimensional. Statt der o.g. Koordinaten x und der zugehörigen Impulse p können auch andere Koordinaten Verwendung finden, z.B. Polar- d.h. Radial- und Winkelkoordinaten sowie Radial- und Winkelgeschwindigkeiten; aber das ist hier nebensächlich.

Um nun die Zeitentwicklung des Systems sowie seine Regelmäßigkeit zu analysieren, führt man einen sogenannten Poincare-Schnitt ein, d.h. eine (höherdimensionale) Ebene, die man durch die gedachte periodische oder näherungsweise periodische Bahn legt. Auf dieser Ebene zeichnet man dann die Durchstoßungspunkte der Bahn nach jeweils einem vollen Umlauf ein. Im Falle einer einfach-periodischen Bahn erhält man einfach einen Punkt, da die Bahn die Ebene immer am selben Punkt (im Phasenraum!) durchstößt. Im Falle komplizierterer Bahnen (Stichwort: Periodenverdopplung) erhält man mehrer Punkte, da die Bahn nicht nach einer sondern eben erst nach mehreren Umläufen wieder schließt.
P1.jpg
Im Falle realer Systeme wie der der Planetoiden findet man häufig sogenannte Tori im Phasenraum, auf denen sich die Bahnen befinden. Diese Tori sehen in etwa wie zwiebelschalenähnlich ineinander gelegte Schläuche aus; eine Bahn verläuft auf der Oberfläche eines Torus; benachbarte Bahnen (für z.B. benachbarte Planetoiden) befinden sich auf benachbarten, d.h. ineinander liegenden Tori. Im Poincare-Schnitt stellt sich der Torus als eine Art verzerrtes Oval dar, eben ein Schnitt durch den Torus. D.h. nun dass diese Bahn nicht mehr periodisch ist: sie schließt nie (!) es gibt unendlich viele verschiedene Durchstoßpunkte durch die Schnittebene. Allerdings verbleibt ein letztes Maß an Regelmäßigkeit, da sich die unendlich vielen Durchstoßungspunkte eben zu einem (verzerrten) Oval gruppieren.
P2.JPG
Verstärkt man nun den Einfluss äußerer Störungen, nimmt also z.B. weitere Planeten mit in die Berechnungen hinzu, so lösen sich immer mehr dieser Tori von den jeweils benachbarten Tori ab und zerfallen zu „Staub“. Das System löst sich zunächst in isolierte Gruppen von Tori auf, zwischen denen sich echtes Chaos ausbreitet. Die Inseln der Regelmäßigkeit, d.h. die verbleibenden Tori, schrumpfen zusammen. Im Falle absoluten Chaos sind alle Tori vollständig zerfallen und der Poincare-Schnitt zeigt eine chaotische Punktewolke.
hh1.jpg
hh2.jpg
Die Tori signalisieren nicht nur ein letztes Maß an Regelmäßigkeit sondern auch an Stabilität, z.B. die Stabilität unseres Sonnensystems. Solange sich die Bahn eines Planetoiden (oder Planeten) auf einem derartigen Torus befindet, ist die Bahn zwar nicht periodisch (und im strengen Sinne auch nicht vorhersagbar), aber sie kehrt immer wieder beliebig nahe an einen früher durchlaufenen Punkt zurück. D.h. dass sie auch nach beliebig vielen Umläufen immer noch „nahe“ der ursprünglichen Bahn liegt. Die Existenz der Tori für unsere Planeten garantiert also die Stabilität unseres Sonnensystems. Je näher ein Torus an der „Oberfläche“ eines zwiebelschalenähnlichen Torusgruppe liegt, desto anfälliger ist er bzgl. des Ablösens bzw. Zerfallens. Z.B. kann ein zufällig aus dem interstellaren Leeraum daherkommender Asteroid einen dieser Tori empfindlich stören und ins Chaos auflösen, was letztlich dazu führt, dass der zugehörige Himmelskörper in die Sonne stürzt oder in die interstellaren Weiten entkommt.

Wichtig dabei ist dass man sich theoretisch natürlich unendlich viele dieser Tori vorstellen kann (d.h. der gesamte Phasenraum ist …), während in der Praxis nur endlich viele Tori realisiert sind (einer je Himmelskörper). Die Langzeitentwicklung unseres Sonnensystems selektiert nundie stabilen Tori aus, d.h. Himmelskörper auf instabilen Tori werden verschwinden. So verbleibt letztlich eine Untermenge an stabilen Tori, auf denen die die Planeten / Planetoiden stabil umlaufen.

Weitere Poincareabbildungen findet ihr am besten in Google (Bildersuche) unter „poincare section“, „poincare map“ usw.

Sehr empfehlenswert ist der Artikel
http://www.izbi.uni-leipzig.de/izbi/pub ... 5B4%5D.pdf
Das Henon-Heiles-System, klassisch und quantenmechanisch
Gruß
Tom

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Re: Deterministisches Chaos

Beitrag von seeker » 20. Feb 2010, 14:11

Ich will mal noch anschaulich machen, was ein Phasenraum ist und wozu ein Phasendiagramm gut ist.

Es folgen reale Messungen an einem sog. Pohlschen Rad.
Das ist ein Drehpendel, also eine Scheibe, die pendeln kann und so aussieht wie die Unruh in einer mechanischen Uhr. Um das Pendel chaotisch zu machen, wird ein kleines Zusatzgewicht als Unwucht an der Scheibe befestigt.
PRadneu400h.jpg
Pohlsches Rad
PRadneu400h.jpg (32.67 KiB) 7742 mal betrachtet
Der Motor bewegt die Feder, die Feder bewegt die Scheibe. Als Bremse dient eine Wirbelstrombremse. Wenn man zunächst den Motor ausschaltet, die Scheibe auslenkt und dann loslässt erhält man eine gedämpfte harmonische Schwingung.

Das sieht dann im Auslenkwinkel/Zeit Diagramm so aus:
sinus10h320.jpg
Sinus ged.
sinus10h320.jpg (11.73 KiB) 7742 mal betrachtet
Wenn man nun die Zeit weg lässt und stattdessen die Winkelgeschwindigkeit (y-Achse) gegen den Auslenkwinkel (x-Achse) aufträgt, dann erhält man folgendes:
sinusPD10h320.jpg
Sinus ged.PD
sinusPD10h320.jpg (18.84 KiB) 7742 mal betrachtet
Das ist ein Phasendiagramm der obigen gedämpften sinusförmigen Schwingung. Da das Pendel hier ausschwingt gibt es einen Punktattraktor in der Mitte, auf den die Schwingung zustrebt.

Hätten wir eine ungedämpfte harmonische Schwingung (also mit laufendem Motor, der die Reibung gerade ausgleicht), so würde die Figur des Phasendiagramms einen Kreis (bzw. Ellipse, je nach Skalierung) ergeben.
Hier wäre der Attraktor der Kreis selbst, weil das System auch nach einer Störung (z.B. mit der Hand anhalten) von alleine wieder zu seiner durch den Attraktor veranschaulichten Bewegung zurückkehrt.
Zuletzt geändert von seeker am 20. Feb 2010, 21:03, insgesamt 1-mal geändert.
Grüße
seeker


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Re: Deterministisches Chaos

Beitrag von seeker » 20. Feb 2010, 14:16

Was bringt das? Nun, schauen wir uns mal eine chaotische Schwingung des Systems an:
chaos10 480x320.jpg
chaos
chaos10 480x320.jpg (14.31 KiB) 7742 mal betrachtet
Da sieht man nun ja gar nix mehr...

Phasendiagramm der gleichen Schwingung:
chaosPD.jpg
chaosPD
chaosPD.jpg (26.21 KiB) 7742 mal betrachtet
Das ist zwar auch noch verworren, man erkennt aber deutliche (und faszinierende) Ordnungstrukturen - dafür ist das Phasendiagramm gut!
Grüße
seeker


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Re: Deterministisches Chaos

Beitrag von seeker » 20. Feb 2010, 14:30

Noch ein anschauliches Beispiel, wie ein Attraktor wirkt:
störung.jpg
Störung
störung.jpg (18.07 KiB) 7742 mal betrachtet
Ich hatte hier Gleichlaufschwankungen am anregenden Motor, was zu einer Veränderung der Schwingung und damit zum Verlassen des Attraktors führte.
Nachdem das Problem behoben war (der Motor nachjustiert war) kehrte die Schwingung sofort wieder zum Attraktor zurück.
Das kann man hier sehr schön sehen.

Bei einem seltsamen Attraktor, der für ein im chaotischen Zustand befindliches System typisch ist und wie er im obigen Beitrag zu sehen ist, ist diese Linie aber unendlich kompliziert und lang: Sie schließt sich nie. Daher wird das System niemals genau den gleichen Zustand zweimal einnehmen. Es ist aber auch nicht völlig zufällig, weil es immer wieder ähnliche Zustände einnimmt. Es ist Ordnung im Chaos! Wann es diese ähnlichen Zustände wieder einnimmt, ist wiederum auf lange Sicht nicht vorhersagbar.

Soviel für heute...

Beste Grüße
seeker
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Re: Deterministisches Chaos

Beitrag von tomS » 7. Mär 2010, 22:08

Mir ist noch ein nettes Beispiel für ein chaotisches physikalisches System eingefallen. Man betrachte dazu ein sogenannte Magnetpendel. Drei Magnete (rot, gelb und blau gefärbt) sind an den Ecken eines gleichseitige Dreiecks in einer Ebene angebracht. Über dem Zentrum des Dreiecks befindet sich ein Pendel mit einer magnetisierbaren Kugel. Das Pendel wird nun ausgelenkt und losgelassen; man verfolgt die Bewegung solange, bis es an einem der drei Magneten eingefangen wird. Entsprechend der Farbe des einfangenden Magneten wird der auf die Ebene projizierte Startpunkt rot, gelb oder blau eingefärbt. Die Farben bilden ein chaotische Muster.

Beispiele siehe z.B. hier http://home.rotfl.org/extras/chaos/chaos2/chaos2.html
Gruß
Tom

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