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Re: Komplexe Zahlen

Verfasst: 27. Mai 2014, 19:47
von Pippen
Aha, danke euch, skeltek und breaker.

Zusatzfrage 1: Irgendwie ist ja die Geschichte der komplexen Zahl, dass man irgendwann einfach gesagt hat: Ach, scheiß drauf, wir tun einfach mal so, als ob es eine Zahl gibt, deren Quadrat -1 ergibt. Gibt es Bestrebungen der Art zu sagen: Ach, scheiß drauf, wir tun einfach mal so, als ob es eine Zahl z gibt, für die gilt: z = x/0 bzw. z*0 = x. Mir ist bewußt, dass das nicht so einfach geht, wie bei den komplexen Zahlen, denn dort konnte man offensichtlich durch die Konstruktion der Zahl als Paar ganz seriös (mit den üblichen Regeln) zu dem Ergebnis kommen, dass eine Zahl quadriert -1 ergibt. Aber irgendwie habe ich die fixe Idee, dass das in so einer ähnlichen Art und Weise auch mit Division durch Null gehen müsste. Was meint ihr?

Zusatzfrage 2: Ich habe folgende Vorstellung entwickelt: Eigentlich kennt der Mathematiker nur EINE Operation, die Addition, d.h. alle anderen Operationen lassen sich auf eine Addition zurückführen. Kann man das so sagen? D.h. wenn man die Addition nicht als Rechenoperation anerkennt, dann kann man keine der bekannten Operationen anerkennen, weil diese auf der Addition aufbauen. So ähnlich wie in der Logik, wo ohne mp nix gehen würde....

Re: Komplexe Zahlen

Verfasst: 27. Mai 2014, 20:14
von positronium
Pippen hat geschrieben:Zusatzfrage 1: ...als ob es eine Zahl z gibt, für die gilt: z = x/0 bzw. z*0 = x.
Dein Beispiel zeigt ja schon ein grosses Problem auf: Bei z*0=x kann man für z alles einsetzen, was man will, und für x erhält man immer 0. Man könnte sagen, dass eine Menge auf einen Wert abgebildet wird. Bei der Umkehrfunktion z=x/0 dürfte man für x nur 0 einsetzen, weil sonst z*0=x unerfüllbar wäre. Und daraus folgt, dass die Berechnung x/0 bzw. eben 0/0 eine Menge, nämlich alle für z einsetzbaren Werte ergeben müsste. Von daher ist es doch richtig, das Ergebnis von x/0 als undefiniert zu bezeichnen.

Re: Komplexe Zahlen

Verfasst: 27. Mai 2014, 23:05
von Pippen
Was wäre denn, wenn man an dem Postulat herumspielt, welches lautet: n*0=0. Das ist doch ohnehin komisch, oder? Wieso soll 5*0=0 sein? Wenn ich 5 Äpfel habe und nichts dazu multipliziere, dann habe ich nicht 0 Äpfel, sondern immer noch 5. Wir postulieren also: n*1=n und n*0=n. Wo kommt es dann zu Widersprüchen und könnte man diese Widersprüche evtl. durch weitere Axiome zukleistern? Was würde das für die Physik bedeuten? Ein SL hätte dann diegleiche Dichte wie sein Massebetrag, oder?

Re: Komplexe Zahlen

Verfasst: 27. Mai 2014, 23:33
von breaker
Pippen hat geschrieben:Aber irgendwie habe ich die fixe Idee, dass das in so einer ähnlichen Art und Weise auch mit Division durch Null gehen müsste. Was meint ihr?
Schauen wir mal, wie weit wir die Analogie zwischen komplexen Zahlen und Division durch 0 treiben können.

Bei den komplexen Zahlen ist es so: Wir haben gesehen, dass es in der Menge der reellen Zahlen kein Element gibt, für das x² = -1 gilt. In einer anderen Menge (der der komplexen Zahlen) haben wir so ein Element gefunden.

Bei der Division durch 0: Hier wissen wir, dass es weder in der Menge der reellen Zahlen, noch in der Menge der komplexen Zahlen ein inverses der 0 gibt.
Tatsächlich weiß man sogar mehr: In jedem Körper (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6rpe ... Definition ) gilt stets

für alle Elemente x des Körpers. (Sowohl die reellen als auch die komplexen Zahlen bilden einen Körper.)
Wenn wir eine Menge wollen, in der die 0 ein Inverses hat, MÜSSEN wir also nach einer Menge suchen, die kein Körper ist. Mit anderen Worten: Wir müssen nach einer Menge suchen, in der die gewöhnlichen Rechenregeln (Assoziativ-, Distributiv-, Kommutativgesetz) nicht gelten.

Ein besonders langweiliges Beispiel wäre der Nullring. Das ist eine Menge, die nur aus einem einzigen Element besteht (nennen wir es e). Multiplikation und Addition sind in naheliegender Weise definiert:


Dann spielt dieses e gleichzeitig die Rolle der 0 und der 1 und ist damit sein eigenes Inverses. Aber wenn man nach einer Menge sucht, in der 0*x etwas anderes als 0 ergibt, dann muss man sich was anderes überlegen.

Re: Komplexe Zahlen

Verfasst: 28. Mai 2014, 00:14
von Pippen
breaker hat geschrieben: Tatsächlich weiß man sogar mehr: In jedem Körper (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6rpe ... Definition ) gilt stets

für alle Elemente x des Körpers. (Sowohl die reellen als auch die komplexen Zahlen bilden einen Körper.)
Aber das gilt da nur, weil wir es so postuliert haben. Das ist ein Axiom und das können wir einfach ändern und schauen, was dann passiert, vllt. passiert ja bei einigen Variaten nicht schlimmes? Ich hatte ja schonmal eingeworfen: n*0=n & n*1=n. Was wäre damit (obwohl mir irgendwas sagt, dass das sowas von schnell und grob als non-sense gekillt werden kann). Was bedeutet denn x*0? Offenbar doch, dass eine Zahl x mit nichts addiert wird, d.h. im Prinzip doch das Gleiche wie x*1. Man macht doch wohl nur den Unterschied, um die Konsistenz zu wahren, aber rein intuitiv macht es wenig Sinn: Wenn ich 5 Dinge habe und ich verknpüfe diese Dinge mit nichts, wieso soll ich dann 0 Dinge herausbekommen?

Re: Komplexe Zahlen

Verfasst: 28. Mai 2014, 00:17
von breaker
Nein, es folgt aus den Rechenregeln:
Die Gleichung 0*x=0 lässt sich leicht aus den Körperaxiomen herleiten: Es gilt 0*x = (0+0)*x = 0*x+0*x. Subtrahiert man auf beiden Seiten der Gleichung den Term 0*x, so erhält man 0*x=0.

Re: Komplexe Zahlen

Verfasst: 28. Mai 2014, 09:51
von Skeltek
Erstmal vorweg:
Aus -1 kann man selbstverständlich nur dann die Wurzel ziehen, wenn es sich bei der -1 bereits um ein zweidimensionales Objekt handelt.
Es mag zwar die imaginäre Komponente 0 sein, -1 ist aber trotzdem ein Vektor mit zwei Komponenten.
Man muss die -1 im Reelen von der -1 im Complexen streng unterscheiden! <--- das ist extrem wichtig, auch wenn es zunächst nicht so scheint
Steht in einer Aufgabe "x element R" und man soll Wurzel(x) mit x=-1 berechnen geht das nicht!
Das geht nur wenn x element C und x=-1


Im Mittelalter oder so wurde die Zahl 0 glaube ich als verteufelt verpöhnt. 0 gäbe es eigentlich gar nicht.
p/q ist ein Quotient, der ein Verhältniss angibt.
Die Frage ist ja was passiert, wenn q gegen Null geht. Viele Mathematiker tun einfach so, als sei unendlich ein Wert, nennen ihn aber einen uneigentlichen Punkt der Menge.
Die reelen Zahlen sind nicht nur nach rechts und links hin unvollständig, sondern auch dazwischen(Überabzählbarkeit); die Werte drumherum und "zwichen den" abzählbaren Zahlen gehören nicht zur Menge selbst.
Schau mal hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Erweiterte_reelle_Zahl

Re: Komplexe Zahlen

Verfasst: 28. Mai 2014, 12:58
von Hardy
Zur Geschichte der komplexen Zahlen kann ich folgenden Link empfehlen:

http://members.chello.at/gut.jutta.gerh ... inaer1.htm

Re: Komplexe Zahlen

Verfasst: 28. Mai 2014, 13:00
von tomS
mal ein kurzer Einwurf: der Vorteile der komplexen Zahlen z.B. in der Funktionentheorie (aber ich in der Physik) besteht darin, dass man weder (a,b) noch a+ib schreiben muss; fast immer schreibt man einfach "z" (und meint damit natürlich z=a+ib)

Re: Komplexe Zahlen

Verfasst: 29. Mai 2014, 11:51
von Hardy
tomS hat geschrieben:fast immer schreibt man einfach "z" (und meint damit natürlich z=a+ib)
Oder man meint:


mit


und




ps: Das war meine erste Übung mit Mimetex. :)

Re: Komplexe Zahlen

Verfasst: 30. Mai 2014, 23:42
von Hardy
breaker hat geschrieben:
Zum praktischen Nutzen fallen mir spontan zwei Beispiele ein:
1. In der Elektronik werden viele Rechnungen sehr viel einfacher, wenn man so tut, als ob die Widerstände in einer Schaltung komplex wären. Der ganze Kalkül ist aber natürlich so gemacht, dass man am Ende nur noch reelle Zahlen da stehen hat.

2. In der Quantenmechanik sind komplexe Zahlen nicht nur praktisch, sondern unvermeidbar. Tatsächlich zwingt die Schrödingergleichung die Wellenfunktion dazu, komplexe Werte anzunehmen. In diesem Sinne sind komplexe Zahlen also tatsächlich "in der Natur realisiert".
zu 1.:
Von praktischem Nutzen sind komplexe Zahlen generell bei der Lösung von Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten.
Ein einfaches Beispiel wird in folgendem Link erwähnt:
http://members.chello.at/gut.jutta.gerh ... inaer4.htm

zu 2.:
Was nun die Schrödingergleichung angeht, so sind die Lösungen ihrer stationären Form reell.

Re: Komplexe Zahlen

Verfasst: 31. Mai 2014, 00:02
von Hardy
Nun ist hier bereits viel über komplexe Zahlen "philosophiert" worden.
Aber kann man deshalb bereits praktisch damit umgehen?

Was meint ihr, wie sich die folgenden komplexe Zahlen in der Normalform (a+i*b) darstellen?



ln(-1) = ?

Re: Komplexe Zahlen

Verfasst: 1. Jun 2014, 20:17
von Hardy
Yukterez hat geschrieben: ist , oder in anderen Worten und der gesuchten Darstellung :
x,y.gif
ist wegen natürlich .

Logisch schlußfolgernd,

Yukterez
Deine Lösungen sind richtig, Yukterez, aber nicht vollständig:

ist auch

Zu ln(-1):

Wegen mit n als ganzer Zahl
gilt allgemeiner


Re: Komplexe Zahlen

Verfasst: 2. Jun 2014, 00:08
von Skeltek
Yukterez hat geschrieben: ist wegen natürlich .
du meinst sicher auch:
ist wegen natürlich
Wobei man sich je nach Anschauungsweise streiten kann, ob das i zum komplexen Argument einer reelen Funktion e^x mit Argument iPi gehört oder Pi das reele Argument einer komplexen Funktion e^(ix) ist.

Re: Komplexe Zahlen

Verfasst: 2. Jun 2014, 07:42
von Skeltek
Selbst wenn er dual rechnet und ersmal symbolisch +/- iPi schreibt...
+/- iPi ist nicht gleich iPi.

Re: Komplexe Zahlen

Verfasst: 2. Jun 2014, 20:12
von Hardy
Skeltek hat geschrieben:
Yukterez hat geschrieben: ist wegen natürlich .
du meinst sicher auch:
ist wegen natürlich
Beide Fälle sind in der von mir angegebenen allgemeinen Formel

enthalten (n = 0 bzw. n = -1).